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Schweden kontrolliert die Grenze

REISE-STOPP

Ab Montag könnte es dazu kommen, dass Flüchtlinge, die eigentlich weiter nach Skandinavien reisen wollen, erzwungenermaßen in Norddeutschland bleiben müssen. Denn am 4. Januar wird Schweden an seinen Grenzen wieder Ausweiskontrollen einführen. „Die Passkon­trollen werden die logische Folge haben, dass sich mehr Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein aufhalten werden“, sagte Jörg Radek, der Vize-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GDP) dem Tagesspiegel.

Schweden versucht, mit den Ausweiskontrollen den Zustrom an Flüchtlingen zu bremsen. Kein anderes europäisches Land hat im zu Ende gehenden Jahr bezogen auf seine Einwohnerzahl so viele Flüchtlinge aufgenommen wie Schweden, das jetzt eine Überforderung seines Sozialsystems befürchtet.

Bisher werden Flüchtlinge von deutschen Behörden einfach nach Skandinavien durchgewunken. Wie Martin Link, Geschäftsführer des schleswig-holsteinischen Flüchtlingsrates sagt, kontrolliert Dänemark bereits seit einiger Zeit Eingereiste stichprobenartig an der Grenze. Die Flüchtlinge werden vor die Wahl gestellt, sich in Dänemark registrieren zu lassen, was aber die wenigsten möchten, oder nach Deutschland zurückzufahren. Greifen die schwedischen Kontrollen, werden möglicherweise auch diejenigen nach Deutschland zurückkommen, die es bis zur schwedischen Grenze geschafft haben.

„Für uns ist derzeit noch nicht klar, was Schweden meint“, sagt Link. Die Frage sei, ob es Schweden nur darum gehe, zu erfassen, wer ins Land komme oder darum, Menschen abzuweisen. Mit Blick auf die angekündigte Regelung nähmen viele Reedereien „im vorauseilenden Gehorsam“ nur noch Menschen mit Papieren mit nach Schweden. Als Folge seien vor allem Afghanen ohne Pass in Deutschland hängen geblieben. Die dänische Regierung hat beschlossen Verkehrsunternehmen mit Beginn der schwedischen Regelung zu zwingen, sich die Papiere von Reisenden zeigen zu lassen, sodass sie erst gar nicht ins Land kommen.

Link glaubt, dass Schleswig-Holstein gut auf die Situation vorbereitet sei. Die Zahl der Transitflüchtlinge sei bereits zurückgegangen, seit Schweden die Grenzkontrollen ankündigte. In Schleswig-Holstein sind 2015 rund 50.000 Flüchtlinge angekommen. Das Land hat nach eigenen Angaben 9.000 Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht. 6.000 Plätze sind noch frei. Der Flüchtlingsrat schätzt, dass allein seit September 120.000 bis 150.000 Flüchtlinge das Land im Transit durchquert haben. knö

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