Der Lobbyist der Woche
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Rumpelstilzchen von Brüssel

Foto: Archiv

Natürlich war es damals auch hart für die Hersteller von Ritterrüstungen, als plötzlich Schwarzpulver verschießende Musketen erfunden wurden. Aber ob sie gleich so rumpelstilzchenvergrätzt wie Europas oberster Kohlelobbyist auf die Ergebnisse der Pariser Klimakonferenz reagierten? Als „regierender Mob“ hat Brian Ricketts (Foto),Generalsekretär von Eurocoal, die fast 200 Regierungen bezeichnet, die das Abkommen zur Rettung der Welt zulasten des klimakillenden Brennstoffs vor einer Woche beschlossen haben. Seine Branche werde jetzt „gehasst und geschmäht wie einst die Sklavenhändler“, wütet Ricketts in einem Brandbrief an die Mitglieder seiner Vereinigung, 34 nationale Verbände, Forschungsinstitutionen und Konzerne aus 20 Ländern.

„Glauben Sie nicht, das Abkommen sei schwach“, schreibt der in Brüssel sonst als besonnen bekannte Lobbyist. Dann attackiert er den Konferenzveranstalter, die Vereinten Nationen. Für die UN sei die Kohle „Staatsfeind Nummer eins“. Deshalb habe sie den größten Teil der Weltbevölkerung mit der Sorge um die Klimaerwärmung gebrainwasht: „Der Welt wurde eine Lüge verkauft“, warnt Ricketts, ein studierter Ingenieur aus Großbritannien. Die Lüge über das Zukunftspotenzial erneuerbarer Energien.

Lieber Mr Ricketts! Nicht verzweifeln – und bitte Abschied von der Opferrolle nehmen. Erstens geht es der Kohle gar nicht so schlecht: Deren weltweite Nachfrage ist 2014 nicht weiter gestiegen – erstmals seit zwei Jahrzehnten. Und zweitens: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Beate Raabe, auch Generalsekretärin, aber von Eurogas, der Brüsseler Lobbyvereinigung von Firmen wie BP, Shell und Total, die in Paris auch nicht gut wegkamen. Raabe lobte die Konferenz als „großen Schritt in die richtige Richtung“. Kai Schöneberg