Neues Album von Robert Forster: Ein Grund, ihn zu lieben

Der australische Songwriter Robert Forster kennt bei sich selbst keine Berührungsängste. Das zeigen die Songs seines neuen Albums „Songs to Play“.

Robert Forster spielt Gitarre

Robert Forster gibt sich auf seinem Album selbstverliebt – ein Stück weit zurecht. Foto: Stephen Booth

„I love myself and I always have.“ Warum kommt Robert Forster mit so einem Satz durch? Und Nick Cave oder Morrissey nicht? Liegt es an der Dosierung der Ironie? Klar operieren sie alle mit Ironie. Liegt es an den unterschiedlichen Dandy-Entwürfen, die diese Männer in den Fünfzigern verfolgen? Oder verkörpern?

„I love myself and I always have“ von Robert Forsters neuem Album „Songs to Play“ ist ein weiterer Grund, ihn mehr zu lieben als seine zwei populäreren Kollegen. Zu Gitarrenakkorden, die schon Dutzende seiner Songs begleitet haben, singt er mit seiner kapriziösen Forster-Stimme, deren Manierismen mit den Jahren nicht weniger werden, über diesen Forster, den er im Spiegel anlächelt, der immer seinem eigenen Beat gefolgt ist, um dann zu reimen: „I hold myself in high regard, loving yourself shouldn’t be so … (Pause) hard.“

Wir erfahren nicht, warum der Mann sich so liebt, wir erfahren überhaupt wenig, und doch sind wir, also ich, überzeugt, dass einer, der so einen Drei-Minuten-Pop-Song aus dem Ärmel schüttelt, alles Recht hat, sich zu lieben.

Überzeugt war ich schon 1989, als Forster auf seinem Debüt-Soloalbum die Ankündigung seiner Geliebten, sie wolle sich einen anderen Lover suchen, mit der Bemerkung quittierte, dass sie keinen besseren finden werde.

Herbst statt Langeweile

„Every man for the rest of your life will be less than me.“ Klar. Im selben Song gab es noch eine rätselhafte Drohung: Die gelbe Zeit der Langeweile wird kommen! Fand ich immer super, bis ich festgestellt habe, dass er von der „yellow time of autumn“ singt und nicht von boredom.

Forsters ausgestellter Narzissmus und sein Größenwahn funktionieren, weil seine Ironie gewissermaßen ernst gemeint ist, weil er selbst daran glaubt, dass es keinen Besseren gibt, und weil er gleichzeitig weiß, wie lächerlich dieser Glaube ist.

Das Album

Robert Forster: „Songs to Play“ (Tapete/Indigo)

Die Tour

10. 12., Gebäude 9, Köln

11. 12., Monarch, Berlin

12.12., Knust, Hamburg

14.12., Zoom, Frankfurt

15.12., E-Werk, Erlangen

16.12., Palace, CH-St. Gallen

17.12., Manufaktur, Schorndorf

19.12., Deggingerhaus, Regensburg

20.12., Theater Akzent, Wien

Wenn er von seiner Liebe zu sich selbst singt, macht er das Lächerliche daran kenntlich, ohne es platt ironisch zu verraten, etwa mit dem berüchtigten Augenzwinkern mit Zaunpfahl. Der Dandy weiß um seine Inszenierung, sie ist ihm zweite Haut.

Bei Cave und Morrissey sind Dandyhaftes und Ironie maskuliner, gröber gestrickt, deshalb erreichen sie mehr Leute; um eine Arena zu bespielen, müssen die Gesten größer sein.

Die Pop-Gruppe als Projektionsfläche

Pop hört nicht auf, über Projektion, Identifikation und Übertragung zu funktionieren, und über Missverständnisse. Im Alter wird es komplizierter, zumal, wenn man allein ist. 2006 starb Grant McLennan urplötzlich mit 47 Jahren. Von 77 bis 89 waren Robert und Grant das Herz der Go-Betweens, ab 2000 die Ausnahme von der Regel, dass späte Reunions nicht funktionieren.

Mit dem Basis-Instrumentarium des Rock erschufen die Go-Betweens un- bis antirockistische Pop-Songs von sprödem Glamour. „A dream of what a pop group should be.“ Schrieb der New Musical Express über die Band aus Brisbane. Eine gute Pop-Gruppe ist ein Traum, eine Projektionsfläche: Was geht da vor zwischen diesen Leuten? Was haben sie sich dabei gedacht?

Der Kritiker Alastair McKay träumt seine Band zurecht: „Wenn die Go-Betweens mit den Beatles verglichen werden, dann ist McLennan McCartney und Forster ist Lennon. Der Vergleich stimmt aber nur, wenn die Bandleader der Beatles Bob Dylan (McLennan) und Lou Reed (Forster) heißen.“

Forster selbst sah die Go-Betweens in der Ahnenreihe des androgyn-literarischen Glam-Pop: „Wenn ich an Bands mit zwei starken Figuren denke, meine ich nicht unbedingt zwei Songwriter. Eher Konstellationen wie Lou Reed und John Cale bei Velvet Underground oder Bryan Ferry und Brian Eno bei Roxy Music oder die Pet Shop Boys … ja, die Pet Shop Boys sind eine Hochglanzversion von uns.“

Nicht ohne Frau

Der kleine Unterschied zu den Pet Shop Boys und Roxy Music? Robert: „Wir wollten immer Frauen in der Band haben, im richtigen Leben gibt es Frauen und Männer, wenn du ins Kino gehst, siehst du Frauen und Männer.“

Grant McLennan hat seine Beziehung zu Forster mal als „nichtsexuelle Homosexualität“ beschrieben. Wie das mit den Projektionen funktioniert, erklärt Jonathan Lethem, prominenter Fan der Go-Betweens: „Ich habe Ahnungen über die Leute in der Band, die vermutlich falsch sind, aber sie bedeuten mir etwas.“

Auf der anstehenden Tour wird die Frau in der Band Karin Bäumler sein, Forsters aus Regensburg stammende Ehefrau. Es darf geahnt werden.

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