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Flüchtlinge von Lageso befreit

Behörde Senat beschließt Flüchtlingsamt, doch Wohlfahrtsverbände erwarten dadurch kaum Besserung

Vor dem Lageso wird auch weiterhin gewartet: Nur heißt das Amt anders Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sieht in ihm einen möglichen Ausweg aus der Krise, doch die führenden Wohlfahrtsverbände sind skeptisch: Zweifel begleiten das künftige Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, dessen Gründung der rot-schwarze Senat am Dienstag beschlossen hat. „Ein neues funktionsfähiges Landesamt kann nicht innerhalb weniger Wochen aus dem Boden gestampft werden“, äußerte sich die Liga, die gemeinsame Interessenvertretung der sechs Spitzenverbände. Dem neuen Amt, das die für Flüchtlinge zuständigen Abteilungen aus dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) herauslöst, muss noch das Abgeordnetenhaus zustimmen.

Über Pläne zu der neuen Behörde, die für die Registrierung, die Unterbringung und die Versorgung von Flüchtlingen zuständig sein soll, hatte die taz bereits vergangene Woche berichtet. Czaja hatte im Sommer bereits Lageso-Chef Franz Allert die Zuständigkeit für die Flüchtlingsunterbringung entzogen und direkt seinem Staatssekretär Dirk Gerstle (CDU) unterstellt. Offenbar aber reicht dem Senator dieser Schnitt nicht aus.

„Das neue Landesamt soll perspektivisch dazu beitragen, dass auch die mit dem weiteren Zuzug von Flüchtlingen einher gehenden gesamtstädtischen Herausforderungen bewältigt werden können“, bewertete Czaja den Senatsbeschluss vom Dienstag. Als ersten Schritt für den Verwaltungsumbau soll es eine Projektgruppe geben, mit der Direktorin des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten an der Spitze, Claudia Langeheine.

Die Liga der Wohlfahrtsverbände warnte am Dienstag vor einem bloßen Etikettenwechsel und drängte auf tatsächliche Veränderungen: „Eine neue organisatorische Hülle löst keine Personal- und Strukturprobleme.“ Man müsse zusätzliche Mitarbeiter bereitstellen und zur Motivation längerfristige Beschäftigung anbieten.

Kritisch äußerten sich zudem die Linkspartei-Parlamentarier Elke Breitenbach und Hakan Tas. Für sie mutet die Behördengründung wie ein Akt der Verzweiflung an. „Was hier offenbar Handlungsfähigkeit demonstrieren soll, könnte sich schon aufgrund der sehr kurzen Vorbereitungszeit eher ins Gegenteil verkehren und die Versorgungslage noch weiter verschlimmern“, schrieben die beiden Politiker in einer Presseerklärung.

Die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram hatte sich schon vergangene Woche skeptisch gezeigt. Zwar hatten die Grünen selbst ein solches Landesamt gefordert. Aber in der aktuellen Situation halte sie das für sehr riskant, hatte sie der taz gesagt.

Stefan Alberti

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