piwik no script img

Sie helfen, wo sie können

SPENDEN Mehr als zehn Millionen Syrer befinden sich auf der Flucht, davon vier Millionen im Ausland. Hilfsorganisationen versuchen, die schlimmste Not zu lindern

Flüchtlingshilfe vor Ort

Das „Bündnis Entwicklung hilft“ hilft Flüchtlingen im Libanon. Spenden u. a. unter dem Stichwort „Hilfe für Flüchtlinge“: www.entwicklung-hilft.de/spenden.html

Auch die Caritas International unterstützt syrische Flüchtlinge. Spenden u. a. unter dem Stichwort „Nothilfe Syrien“: www.caritas-international.de/spendenhelfen

Die „Aktion Deutschland Hilft“ hilft ebenfalls Flüchtlingen. Spenden u. a. unter dem Stichwort „Flüchtlinge Syrien/Nahost“: www.aktion-deutschland-hilft.de/de/spenden/spenden

Die „Share the Meal“-App des World Food Programme der Vereinten Nationen (WFP):https://sharethemeal.org/de

von MIRKO HEINEMANN

Alle Welt schaut auf die Flüchtlingslager in der Türkei, in denen inzwischen etwa 250.000 Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien leben. Aus dem Fokus gerät dabei häufig das Schicksal derjenigen Flüchtlinge, die in andere Nachbarländer ausgereist sind – etwa in den Libanon. Mehr als eine Million leben inzwischen dort. Sie treffen auf eine Bevölkerungszahl von vier Millionen, das bedeutet: Auf vier Einwohner kommt ein Flüchtling.

Mehr als zehn Millionen Syrer befinden sich auf der Flucht, davon vier Millionen im Ausland. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) gilt längst als überfordert mit der Krise im Nahen Osten. Kleinere Organisationen helfen, wo sie können – wie die libanesische Hilfsorganisation AMEL, die Flüchtlinge im Libanon medizinisch versorgt. Unterstützt wird sie wiederum von der Hilfsorganisation medico international, die sich mit sechs anderen Organisationen im „Bündnis Entwicklung hilft“ zusammengeschlossen hat. „Jede Mitgliedsorganisation hat vor Ort ihre lokalen Partner, die Hilfe leisten“, erklärt Bündnissprecherin Melanie Huber. Im Bündnis sind die Organisationen Brot für die Welt, Kindernothilfe, Christoffel-Blindenmission, medico international, Misereor und terre des hommes und die Welthungerhilfe zusammengeschlossen. Derzeit unterstützt das Bündnis in mehr als 18 Ländern Menschen auf der Flucht.

„Die Zustände im Libanon sind erschreckend“, so Huber. Im Distrikt Chouf, südöstlich der libanesischen Hauptstadt Beirut, unterstützt die Kindernothilfe mit dem Partner AMURT rund 800 syrische Kinder und ihre Angehörigen sowie Mädchen und Jungen aus bedürftigen libanesischen Familien. Viele Kinder müssen arbeiten gehen, weil die Familien mit der Versorgung überfordert sind. Nachdem die Mitarbeiter vor Ort herausfanden, dass 200 Flüchtlingskinder nicht zur Schule gingen, eröffnete der Kindernothilfe-Partner in der Stadt Kfar Nabrakh nach Absprache mit den Behörden und anderen sozialen Organisationen das Kinderzentrum Al Mahaba.

Auch die Hilfsorganisation Caritas international ist im Libanon aktiv. Viele Flüchtlinge sind dort in libanesischen Gastfamilien untergekommen, die meistens selbst zur ärmeren Bevölkerung gehören. Die Caritas unterstützt bedürftige libanesische Gastfamilien mit Nahrungsmitteln, Gaskochern, Decken, Matratzen und anderen Hilfsgütern. Lokale Partner der Caritas haben 3.000 Familien Nahrungsmittel und Hygie­neprodukte zur Verfügung gestellt, psychosoziale Betreuung und medizinische Hilfe geleistet. In einer grenznahen Region wurde ein Trinkwasserreservoir errichtet, um den syrischen Flüchtlingen frisches Wasser zur Verfügung zu stellen.

Die Spendenbereitschaft sei generell hoch, sagt Melanie Huber vom „Bündnis Entwicklung hilft“. Seit das Bündnis Ende August mit den Spendenaufrufen begonnen habe, hätten auffällig viele Einzelpersonen höhere Summen gespendet als im Vergleich zu Naturkatastrophen. „Außerdem spenden die Menschen über einen längeren Zeitraum.“ Während die Spendenbereitschaft nach einer Naturkatastrophe nach wenigen Tagen oder Wochen abflaue, halte sie sich angesichts der Fluchtkatastrophe über lange Zeit auf einem Niveau. „Die gespendete Endsumme ist dann möglicherweise gleich hoch“, so Huber, „sie wird aber über einen längeren Zeitraum bereit gestellt.“ Bis Anfang November hat das Bündnis 3,3 Millionen Euro für die aktuelle Fluchthilfe sammeln können.

Indes beklagte die Aktion Deutschland Hilft, ein Bündnis, in dem sich mehr als ein Dutzend deutsche Hilfsorganisationen von Aktion Medeor über Islamic Relief bis hin zum Paritätischen Wohlfahrtsverband zusammengeschlossen haben, eine eher geringere Spendenbereitschaft im Vergleich mit anderen humanitären Krisen. Bis Mitte Oktober sind nach Angaben der Organisation 12,7 Millionen Euro eingegangen, rund sechs Wochen nach dem Spendenaufruf für die Betroffenen des Erdbebens in Nepal seien es doppelt so viel gewesen.

Auch das World Food Programme der Vereinten Nationen (WFP) ist an seine Grenzen angelangt. Auf dem WFP lastet die Nahrungsmittel-Nothilfe für derzeit vier Millionen Syrer in ihrem Heimatland und von 1,6 Millionen syrischen Flüchtlingen in den Nachbarstaaten. Im vergangenen Jahr betrug der monatliche Satz des WFP noch 30 Dollar pro Monat und Person, jetzt sind es nur noch 13,50 Dollar. Zwar finanzieren üblicherweise Regierungen mit Nothilfen das Ernährungsprogramm. Doch immer noch klafft eine Lücke im Budget. Daher ist das WFP auch auf Spenden von Privatpersonen angewiesen. Um schnelles Spenden zu ermöglichen, hat das WFP die Smartphone-App „ShareTheMeal“ entwickelt. Damit kann man jederzeit mit einem Klick Geld für Mahlzeiten syrischer Flüchtlingskinder in Jordanien spenden. Das WFP weist darauf hin, dass bereits eine Spende von 40 Cent ausreicht, einem Kind die Nahrung für einen Tag zu sichern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen