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Ein Abkommen an der UNO vorbei

LIBYEN Die beiden zerstrittenen Parlamente einigen sich auf einen Fahrplan zur Bildung einer Übergangsregierung. Zuvor waren einjährige international vermittelte Gespräche gescheitert

Auf der Flucht nach Europa an Libyens Küstenwache gescheitert Foto: Ismail Zitouny/reuters

VON Mirco Keilberth

Delegierte der beiden konkurrierenden Parlamente Libyens haben sich überraschend auf die Beilegung des Konfliktes und einen Fahrplan zur Bildung einer Einheitsregierung geeinigt. Innerhalb von zwei Wochen sollen jeweils 15 Parlamentarier einen Premierminister und zwei Stellvertreter ernennen, die das international anerkannte Repräsentantenhaus in Tobruk und den in Tripolis regierenden Nationalkongress repräsentieren, deren Mandate abgelaufen sind. Auf einer Pressekonferenz in Tunis wurde zudem die vorübergehende Reaktivierung der Verfassung von 1963 verkündet, die den drei Provinzen Libyens autonome Rechte zugestand.

Doch die Freude über das Ergebnis wochenlanger Geheimverhandlungen dürfte sich bei der UNO und den internationalen Diplomaten in Grenzen halten, da sie bei dem innerlibyschen Dialog außen vor blieben. Der neue UN-Sondergesandte Martin Kobler zeigte sich in den vergangenen Tage noch optimistisch über eine mögliche Mehrheit in den beiden Parlamenten für den UN-Friedensplan. Doch religiös-radikale Kräfte in Tripolis und Armeekreise in Ostlibyen verhinderten mehrmals die Parlamentssitzungen.

Das am Samstag in einem Hotel in Tunis unterzeichnete Abkommen wurde vom Vizepräsidenten des Repräsentantenhauses, Ibrahim Amaisch, und Kongresschef Nuri Abusahmain unterzeichnet. Nach dem vorläufigem Scheitern der einjährigen Verhandlungen unter UN-Schirmherrschaft wurde in den vergangenen Wochen vor allem in Tripolis der Wunsch nach direkten Gesprächen mit den Gegnern aus Ostlibyen immer lauter.

Die Hardliner der Fajr-Milizenallianz befürchten, mit der Rückkehr einer gesamtlibyschen Regierung und der Botschaft in die Hauptstadt Tripolis unter dem Schutz der UNO ihre Machtposition zu verlieren, die sie sich bei einem Sturmangriff im vergangenen Jahr sichern konnten.

Armee und Milizen sind gegen eine Intervention im Kampf gegen den IS, der in Libyen auf dem Vormarsch ist

In dem ölreichen Osten Libyens fühlt man sich wie schon zu Muammar Gaddafis Zeiten vom politischen Leben ausgeschlossen. Gegenüber der taz begründete Parlamentssprecher Ageela Salah seine Blockade der Abstimmung über den bereits fertig ausgearbeiteten UN-Friedensplan mit der Furcht vor einer Spaltung Libyens. Während die Befürworter der internationalen Verhandlungen mehrheitlich aus dem Westen Libyens kommen, stammen die Gegner aus dem Lager der Föderalisten oder der Armee im Osten.

„Die internationalen Diplomaten glauben, dass ein Abkommen tatsächlich eingehalten wird, dabei werden die Politiker in Tripolis schnell zu Geiseln der Milizen oder des einsickernden ‚Islamischen Staates‘“, sagt ein Parlamentarier aus Bengasi. Dass die Furcht nicht unbegründet ist, zeigt die Entführung von Mohamed al-Gaddar. Der Parlamentarier wurde während des Besuchs seiner Familie in Tripolis von Unbekannten verschleppt.

Gleichzeitig expandiert der „Islamische Staa“, der mit Sabratah, Adschdabija und Gaddafis ehemaliger Hochburg Sirte nun drei größere Städte Libyens kontrolliert. Unter der Führung Italiens könnte es daher schon bald zu einem Militäreinsatz gegen den IS in Libyen kommen. Auf der geplanten Libyen-Konferenz am 13. Dezember in Rom hätte eine von der UNO abgesegnete Einheitsregierung der Nato eine Bitte um Hilfe im Kampf gegen den IS stellen können. Ob eine durch die innerlibysche Initiative zustanden gekommene Einheitsregierung ausländische Hilfe beim Kampf gegen den IS anfordert, scheint unrealistisch, da Armee und islamistische Milizen sich zwar bekämpfen, sich aber über die Ablehnung einer nochmaligen ausländischen Intervention einig sind.

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