LIEBESERKLÄRUNG: Spiegel
Die Medienflaute hat das FlagGschiff erreicht: „Der Spiegel“ muss drastisch sparen. Das ist, als würde man uns selber hauen
Dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel geht es nicht gut. Bis Ende 2017 soll gut ein Fünftel aller Stellen gestrichen werden, davon zwei Drittel beim Verlag.
Das ist, als würde man uns selber hauen. Denn wir, Spiegel und taz, sind wie ungleiche Schwestern. Klein und groß, jung und alt, Schneeweißchen und Rosenrot aus Hamburg und Berlin. Wusste die eine was, wusste die andere nichts. Wollte die eine ausgehen, wollte die andere eingehen. Und umgekehrt.
Auch der Personalaustausch war eine gegenseitige Transfusion zweier Hassliebender, die ein irrer Pfleger auf der Intensiv ans selbe Bett gefesselt hatte. Zeitweilig waren die Türen der Redaktionsgebäude für die Mitarbeiter des jeweils anderen Lagers wie semipermeable Membranen: Sie diffundierten nur in eine Richtung. So galt der Spiegel jahrzehntelang als Talenteschuppen der taz und als Sprungbrett für junge Journalistinnen, die zu den Sternen strebten.
Nach außen hin ließ man es jedoch stets so aussehen, als verhielte es sich anders herum. Ein ähnlicher Austausch übrigens, wie er auch zwischen taz und Tagesspiegel üblich war. Na, klingelt’s nun? Genau, derselbe Tagesspiegel, der kürzlich ebenfalls Mitarbeiter in einer Menge und mit einer Wucht herauspfefferte wie eine Ballmaschine die Tennisbälle. Auch wenn es hier nur freie Mitarbeiter waren.
Doch was heißt schon: „nur“? Ist doch der „Freie“, wie It-Girls und Medienredakteure „ihn“ (ganz oft Mädchen) auf ihre unnachahmlich flapsige und zugleich doch treffende Weise nennen, genaugenommen das edelste Geschöpf unter Gottes weitem Himmel.
Spiegel und Tagesspiegel – es kann kein Zufall sein, dass es hier beide Male Presseorgane trifft, die sich nach einem Badezimmermöbel benannt haben. Ein ganz schlechtes Omen. Hoffen wir, dass unser Spiegel an der Sache nicht zerbricht. Sonst gibt es sieben Jahre Unglück.
Uli Hannemann (nach Diktat entlassen)
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