Sven Hansen über den US-Bericht zum Krankenhausangriff in Kundus: Vorwurf des Verbrechens bleibt
Nachdem ein US-Kampfflugzeug am 3. Oktober im afghanischen Kundus das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen (MSF) angegriffen und dabei 30 Mitarbeiter und Patienten getötet hatte, erhob die Hilfsorganisation den schwerwiegenden Vorwurf eines Kriegsverbrechens. Ein jetzt vom US-Militär abgeschlossener Bericht bestärkt diesen unfreiwillig.
Für das US-Militär, das wie die Nato insgesamt in Afghanistan mit hohem moralischen und sogar humanitären Anspruch kämpft, ist der – wiederholte – Fehlangriff ein PR-Desaster. Zudem lieferten amerikanische wie afghanische Militärs widersprüchliche Begründungen für den Angriff, was ihre Glaubwürdigkeit weiter unterminierte. US-Präsident Barack Obama zeigte eine gewisse Größe, als er sich in einem persönlichen Telefonat bei der MSF-Chefin für den Angriff entschuldigte. Doch wahre Größe wäre es gewesen, eine unabhängige internationale Untersuchung zuzulassen, wie sie MSF fordert. Denn nur diese kann für Transparenz und Glaubwürdigkeit sorgen und helfen, die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Fehlangriffs zu verringern.
In den 14 Jahren des US-Kriegs am Hindukusch wurden bei Angriffen der US-Militärs und seiner Verbündeten einschließlich der Bundeswehr immer wieder so irrtümlich wie oft fahrlässig Zivilisten getötet. Oft wurden Untersuchungen durchgeführt, sogar Einsatzregeln verschärft, auch Besserung wurde gelobt. Doch wer glaubt heute noch daran?
Laut dem jetzigen nichtöffentlichen Bericht führte eine Kette von Fehlverhalten und widrigen Umständen zu dem Angriff. Auf den Vorwurf des Kriegsverbrechens ging der verantwortliche General Campbell nicht ein. Er lobte Ärzte ohne Grenzen, erwähnte aber nicht einmal deren schwerwiegenden Vorwurf. Er nannte auch keine Details, wer von wem jetzt warum suspendiert wurde. Transparenz und Glaubwürdigkeit sehen anders aus, der Vorwurf eines Kriegsverbrechens steht weiter im Raum.
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