Kommentar von Heike Holdinghausen über Staubsauger: Kein Grund für Gurkengerede
Der Staubsauger droht der Gurke inzwischen glatt den Rang abzulaufen – als Lieblingsbeispiel von EU-Kritikern für eine Überregulierung der Brüsseler Institutionen. Nun haben die Spötter überflüssiger Vorgaben zur Energieeffizienz von Haushaltsgeräten neue Nahrung bekommen.
Der EU-Gerichtshof hält es weiter für zulässig, Staubsauger mit leeren Beuteln zu testen und die erreichten Ergebnisse als Grundlage der Eingruppierung in Energieklassen zu nutzen. Damit teilen die Staubsaugertests ein Problem anderer Messungen: Sie müssen wiederholbar und rechtssicher sein – das führt häufig zu Standardbedingungen im Labor, die dazu neigen, sich von der Wirklichkeit zu entfernen. Im Alltag wird der Staubsauger eben meist mit gefülltem Beutel benutzt, und dann ergeben sich andere Werte als im Test.
Auch wenn die Hersteller nicht betrügen, verbrauchen ihre Autos oder Kühlschränke im Labor weniger Benzin oder Strom als im Straßenverkehr oder in der Küche. Diese Feststellung ist schwerwiegend, denn sie scheint staatliche Vorgaben für energiesparende Produkte generell infrage zu stellen – schließlich beweisen die Geräte nur auf dem Papier, dass sie die erforderlichen Werte einhalten. Außerdem hängt sowieso vieles vom Verhalten des Verbrauchers ab.
Stimmt alles, heißt aber nicht, auf staatliche Regulierung zu verzichten, sondern nur die Prüfverfahren zu verbessern. Die Stiftung Warentest etwa zeigt, wie es geht: Sie entwickelt Tests, die der Wirklichkeit so nahe kommen wie möglich, und wird dabei auch nicht von Klagewellen überrollt.
Glücklicherweise überarbeitet die EU ihre Gesetze stetig und verfügt mit der den „Staubsaugergesetzen“ zugrunde liegenden Ökodesign-Richtline über ein Instrument mit breiter öffentlicher Beteiligung. In den nächsten zwei Jahren kann sie also bessere Tests machen. Grund für eine intensive Beobachtung durch die Öffentlichkeit, für Gurkengerede aber nicht.
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