Abgas-Manipulation auch bei Porsche?: Aussage gegen Aussage

Der VW-Skandal nimmt kein Ende: Erstmals steht auch das Tochterunternehmen Porsche unter dem Verdacht der Manipulation. VW bestreitet die Vorwürfe.

Ein mit einer Decke abgedecktes Auto. Darüber der Schriftzug „Porsche“.

Verbirgt auch Porsche etwas? Die Vorwürfe der EPA wiegen schwer. Foto: dpa

BERLIN/WASHINGTON dpa | Der Skandal um Abgas-Manipulationen an älteren Dieselfahrzeugen droht sich für den VW-Konzern empfindlich auszuweiten. Während die US-Umweltbehörde EPA dem europäischen Branchenprimus am Montagabend vorwarf, auch bei Dieselmotoren mit 3,0 Litern Hubraum eine Manipulations-Software eingesetzt zu haben, hielt Volkswagen am späten Abend dagegen, man habe kein Programm installiert, „um die Abgaswerte in unzulässiger Weise zu verändern“.

Damit stand zunächst Aussage gegen Aussage. Doch die Vorwürfe der EPA wiegen schwer und sind detailreich. Die US-Umweltschutzagentur hatte den Skandal um geschönte Abgas-Werte bei Volkswagen Mitte September ins Rollen gebracht. Die US-Behörde wies nach, dass Dieselwagen aus dem VW-Konzern über eine Software die Situation auf einem Prüfstand erkennen und in eine Art Abgas-Schonmodus schalten, um so strikte Emissionsvorgaben einzuhalten.

Bisher ging es dabei nur um die kleineren Vierzylindermotoren, die bis 2,0 Liter Hubraum haben. Die EPA-Enthüllung erreichte schließlich auch Europa, wo der VW-Konzern vom nächsten Jahr an 8,5 Millionen Dieselfahrzeuge zurückrufen muss.

Die neuen Vorwürfe der EPA zielen nun auf Sechszylinder-Diesel mit 3,0 Litern Hubraum. Erstmals in der Abgas-Affäre geht es dabei neben Audi und VW-Pkw auch um die VW-Tochter Porsche. Sie entwickelt nur Benzinmotoren selber und greift für Diesel auf die Vorarbeit von Audi und VW zurück. In der Regel werden die Diesel für den Sportwagenbauer angepasst, etwa mit ein paar zusätzlichen Pferdestärken. Im Kern bleiben die Selbstzünder-Antriebe aber markenübergreifend identisch.

VW-Chef Müller war zuvor Porsche-Chef

Der neue Vorwurf gegen Porsche ist pikant, da VW-Konzernchef Matthias Müller noch bis vor kurzem Chef des Sportwagenbauers war. Müller war im Strudel des Skandals auf den zurückgetretenen Vorstandschef Martin Winterkorn gefolgt, der damit Verantwortung für die Affäre übernahm.

Die neusten Vorwürfe der EPA wiegen schwer. „VW hat einmal mehr seine Verpflichtungen missachtet, sich an die Gesetze zu halten, welche saubere Luft für alle Amerikaner sichern“, sagte EPA-Vertreterin Cynthia Giles laut Mitteilung.

Den Kern des Vorwurfes beschreibt die Behörde wie folgt: „Die Software in diesen Fahrzeugen beinhaltet ein oder mehrere Zusatz-Instrumente zur Abgas-Kontrolle, die der Konzern bei der Zulassung der Modelle nicht offengelegt, beschrieben und begründet hat.“

Laut EPA erkennt eben jene Software, die der Behörde zunächst verborgen blieb, die Abgas-Testprozedur aus den USA und schaltet in einen Modus, der Stickoxide (NOx) gezielt mindert. Für NOx-Gase gelten in den Vereinigten Staaten besonders strikte Grenzen.

Der Autobauer teilte mit: „Die Volkswagen AG betont, dass keine Software bei den 3-Liter V6-Diesel-Aggregaten installiert wurde, um die Abgaswerte in unzulässiger Weise zu verändern.“ Den Vorwurf selber, der die Wolfsburger den Angaben zufolge ebenfalls am Montag erreichte, beschreibt der Konzern damit, dass es um eine Software gehe, „die im Genehmigungsprozess nicht hinreichend beschrieben worden sei“. Das Unternehmen versicherte, man werde mit der EPA „vollumfänglich kooperieren“, um alles „rückhaltlos aufzuklären“.

Die Materie ist vielschichtig

Nicht alles, was per Motorsteuerung die Abgase mildert, ist gleich eine illegale Software. So führen Motoren beispielsweise in bestimmten Fahrsituationen Abgase zurück und verbrennen sie erneut. Die EPA definiert die Kernfrage dabei so: „Ein Zusatz-Instrument zur Abgas-Kontrolle, das zum Überlisten von Abgastests entwickelt wurde, ist ein „defeat device"“. Und eben jenes „defeat device“, ein Instrument zum Ausstechen der Testsituation, ist illegal. Hierzulande spricht das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) von einer „unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Gesetzgebung“.

Nach Angaben der EPA wurden in bestimmten Diesel-Modellen der Marken VW, Audi und Porsche der Modelljahrgänge 2014 bis 2016 Drei-Liter-Diesel-Motoren verbaut, die bei Stickoxid-Emissionen die in den USA erlaubten Grenzwerte um das bis zu Neunfache überträfen.

Im einzelnen gehe es um die Modelle und Jahrgänge VW-Touareg (2014), Porsche Cayenne (2015), Audi A6 Quattro, Audi A7 Quattro, Audi A8 und A8 Langversion sowie um den Audi Q5 (alle 2016). Wie viele Fahrzeuge in den USA und weltweit betroffen sind, ist bislang nicht bekannt: Die neuerliche Rüge der EPA betreffe ungefähr 10.000 Diesel, die seit dem Modelljahr 2014 in den USA verkauft worden seien. Zusätzlich sei eine bislang unbekannte Zahl aus dem Modelljahrgang 2016 betroffen.

Im September hatte die EPA ihre Vorwürfe zu den Vierzylindern bekannt gegeben. VW hatte die Vorwürfe daraufhin eingeräumt. Seitdem steckt der Konzern in der tiefsten Krise seiner fast 80-jährigen Geschichte.

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