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"Andere Dimensionen"

Bildband Den Schweiß der Hafenarbeit vor dem Containerumschlag zeigt Henning Rademacher

Foto: xy
Henning Rademacher

71, Herausgeber des Buches Inhaber des privaten Speicherstadtmuseums und Nautiker mit Kapitänspatent

taz: Herr Rademacher, was findet man in Ihrem Bildband vom Hamburger Hafen, was es heute nicht mehr gibt?

Henning Rademacher: Quasi alles, was man im Buch sieht. Wir enden mit den ersten paar Containern, die Ende 1967 ankamen.

Wieso sieht man heute keine Menschen mehr im Hafen?

Heute passiert fast alles automatisch, nur in den Umschlagkränen am Kai sitzt noch ein Mensch. Früher war das eine irre Arbeit. Die Kisten wurden von Arbeitern umgelagert und per Hand im Schiff verstaut. Das waren ganz andere Dimensionen. Früher kam Kaffee Sack für Sack, heute kommt er in loser Form in Spezialcontainern.

War die Arbeit damals besser?

Na ja, es musste viel mehr per Hand gemacht werden. 1962 war ich selbst an Bord, als wir knapp 8.000 Tonnen Ladung nach Südamerika gebracht haben. Da hatten wir 160 Überstunden im Monat. Arbeitskräfte waren sehr billig. Wenn sie teuer werden, schauen die Leute, wo sie rationalisieren können.

Wie hat der Containerverkehr den Hafen verändert?

Das war vor allem ein Mengenzuwachs. 1964 wurden 20 Millionen Tonnen Stückgutumsatz mit circa 18.000 Hafenarbeitern gemacht. Heute machen wenige Tausend über 100 Millionen Tonnen in Containern, unter anderem hochbezahlte IT-Leute. Wo in den 1960er-Jahren ein Frachtschiff neben dem anderen lag, sind heute Kreuzfahrtterminals und Musicals.

Finden Sie das Hafenbild wird romantisiert?

Eine leichte Romantisierung gab es schon immer. Auch damals wurden Seeleute romantisiert, obwohl das an sich ein schlimmer Job war.

Die neusten Großcontainerschiffe passen nicht mehr durch die Elbe. Sind die größten Zeiten im Hamburger Hafen vorbei?

Das wird sich zeigen. Fragen wie die Elbvertiefung liegen an und sind Kostenpunkte. Andererseits liegt Hamburg geografisch gut zu Osteuropa. Die Frage ist, ob die Schiffe weiter so wachsen und ob es genügend passende Häfen geben wird.

Passen Olympia und der Hafen zusammen?

Nur bedingt. Olympia knapst ja platzmäßig was vom Hafen ab. Wo das Stadion hinkommen soll, ist ja noch Umschlagsgebiet. Die dortigen Betriebe müssten entschädigt werden.

Interview: Morten Luchtmann

Buchvorstellung „Der Hafen – Fotografien des Hamburger Hafens 1930–1970“: 19 Uhr, Speicherstadtmuseum, Am Sandtorkai 36

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