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"Wir wollen nur zur Frau des Kurfürsten"

Pegida München untersagt die geplante Demo am 9. November – dem Jahrestag des Hitler-Putsches

MÜNCHEN taz | Der heutige 9. November ist nicht irgendein Datum. Und München ist nicht irgendeine Stadt. Zwei so wahre wie schlichte Beobachtungen – denen allerdings mit Blick auf die aktuelle Diskussion über Demonstrationskultur im Allgemeinen und Pegida im Besonderen besondere Bedeutung zukommt. Denn die Stadt, die sich später gern mit Beinamen wie „Weltstadt mit Herz“ schmückte, wurde früher als „Hauptstadt der Bewegung“ gefeiert. Der 9. November 1923 wiederum war der Tag des Hitlerputsches. Und am selben Tag, 15 Jahre später wüteten die Nazis in der sogenannten Reichskristallnacht.

Verständlich also, dass die Stadt München wenig Interesse daran hat, an diesem Datum die rechtsorientierten Anhänger von Pegida durch die Stadt laufen zu sehen. Aber Montag ist bekanntlich Pegida-Tag, und so hat das Bündnis auch für diesen Montag eine Demonstration geplant – an der Feldherrnhalle. Also genau dort, wo 1923 Hitlers „Marsch auf Berlin“ sein Ende fand. Doch das Kreisverwaltungsreferat (KVR) untersagte die Demo.

Kurz darauf gab es einen weiteren Antrag: Nun wollten sich die selbst ernannten Patrioten auf der Leopoldstraße treffen – zwischen Siegestor und Münchner Freiheit. Dabei nahm das Bündnis jetzt bewusst Bezug auf ein ganz anderes historisches Ereignis: „Fall der Mauer am 9.11. Mit friedlichen Spaziergängen die Politik gestalten“, lautet das neue Motto. Dies passt zwar zu den Montagsdemos von 1989, wirkt aber zugleich wie ein Versuch, das erste Verbot zu umgehen. Prompt erteilte das Kreisverwaltungsreferat Pegida auch für diese Demo eine Absage und verlegte sie auf Dienstag. Über einen Widerspruch von Pegida gegen den Bescheid entscheidet heute das Münchner Verwaltungsgericht.

Als Grund für das Verbot nannte KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle den Wunsch, „die Würde der Opfer des NS-Regimes zu schützen“. Gerade in den letzten Wochen suchte Pegida bewusst Orte der Erinnerung auf, wie etwa den Geschwister-Scholl-Platz, den Platz der Opfer des Nationalsozialismus oder die Feldherrnhalle. Das Kreisverwaltungsreferat versuchte, die Demonstrationen zu unterbinden oder an weniger sensible Orte zu verlegen. Das Verwaltungsgericht hat diese Entscheidungen allerdings mehr­fach kassiert. So ­folgten die Richter etwa der Pegida-Argumentation, man wolle an der Feldherrnhalle nur deshalb vorbeiziehen, weil in der Theati­nerkirche gleich gegenüber die Ehefrau von Max Emanuel II. begraben sei. Der Kurfürst sei als Verteidiger Wiens schließlich ein großer Verteidiger europäischer Werte gewesen.

DOMINIK BAUR

MARGARETE MOULIN

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