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Lehrer aus aller Welt

INTEGRATION Hamburg hat für ausländische Lehrer eine Anpassungsqualifizierung geschaffen. Inzwischen arbeiten 75 Weltlehrer in den Schulen der Stadt. Es gibt einen Anspruch auf Prüfung der Anerkennung

Leichterer Zugang: Lehrer, die im Ausland studiert haben, müssen nicht erneut Lehramt studieren Foto:  Foto: Markus Hertich/dpa

von Birk Grüling

Der weiße Laborkittel ist für Ana Zapata Sierra so etwas wie ihre Schuluniform. Die Chemie­ingenieurin unterrichtet angehende chemisch-technische Assistenten an einer Gewerbeschule in Hamburg-Bergedorf. Den Alltag im Labor kennt die gebürtige Spanierin gut. Vier Jahre lang forschte sie während ihrer Promotion über Schadstoffe im Trinkwasser. Eine lehrreiche Zeit, wie Zapata erinnert: „Ich habe viel über die Arbeit im Labor und in der Forschung gelernt. Das kann ich heute an meine Schüler weitergeben.“

Forscherin wollte sie trotzdem nicht werden. Ihr Traumberuf war Lehrerin. „Mein Vater und Bruder sind auch Lehrer. Das liegt vielleicht in der Familie“, sagt sie. Neben Chemie studierte sie deshalb auch Pädagogik. Nur passende Lehrer-Stellen gab es in Spanien wegen der Wirtschaftskrise nicht.

Doch auch in Deutschland war der Weg in die Schule steinig. Als sie vor viereinhalb Jahren mit Doktortitel und Pädagogik-Studium in der Tasche nach Hamburg kam, hätte sie an ihrer heutigen Schule keine Chance gehabt. Lange hatten es Lehrer, die im Ausland ausgebildet wurden, nicht leicht, hier in ihrem Job zu arbeiten. Wurden Ingenieurs-Abschlüsse recht problemlos anerkannt, taten sich die Bundesländer mit dem Lehramt schwer.

Um an einer deutschen Schule arbeiten zu dürfen, brauchte man ein Staatsexamen und Unterrichtserfahrung. Die Kultusminister setzten lieber auf Quereinsteiger aus anderen Berufen, um die Lücken in den Naturwissenschaften zu füllen. Für ausländische Lehrer blieb ein neues Lehrerstudium oft die einzige Option. Das kam für Zapata nicht in Frage. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, unterrichtete sie Spanisch an der Volkshochschule.

Im Nachhinein eine gute Entscheidung, die Unterrichtserfahrung wurde anerkannt. Heute ist Spanisch ihr zweites Fach neben der Chemie. Die Chance als Berufsschullehrerin zu arbeiten, verdankt die 33-Jährige einer Initiative Hamburgs. Es entschied sich im August 2012 als erstes Bundesland, Lehrern mit Migrationshintergrund einen Rechtsanspruch zu gewähren, die in der Heimat erworbenen Abschlüsse in einem Anerkennungsverfahren auf Gleichwertigkeit zu prüfen.

Am Landesinstitut für Lehrerbildung wurde dafür eine „Anpassungsqualifizierung“ geschaffen. Wichtigste Voraussetzungen: Perfektes Deutsch und ein entsprechendes Studium im Heimatland. Zwölf bis 18 Monate dauert das Programm – je nach Qualifikation und Erfahrung. Zwölf Stunden pro Woche unterrichten die Weltlehrer dabei an einer Schule. Zusätzlich besuchen sie Didaktik-Seminare und bekommen eine Einführung in die deutsche Schulpädagogik.

„Ich sehe die Schüler wohl ein wenig anders als meine deutschen Kollegen“

Halis Yuyucu, Lehrerin

„In Deutschland wird sehr schülerorientiert unterrichtet. Es gibt viel Gruppenarbeit und Diskussionen. In Spanien ist mehr Frontalunterricht üblich“, erzählt Zapata. Ihre eigene Ausbildungszeit verlief gut. Nach nur zwölf Monaten wurde sie von ihrer Schule übernommen. Seit Ende August unterrichtet sie, gibt Chemie in der Berufsschule und Spanisch an der benachbarten Stadtteilschule. Als EU-Bürgerin hat sie sogar die Chance auf Verbeamtung. Im Moment ist sie Beamtin auf Probe.

Bisher haben 75 sogenannte Weltlehrer die „Anpassungsqualifizierung“ erfolgreich absolviert und die meisten von ihnen arbeiten inzwischen an Hamburger Schulen. Etwa die Hälfte von ihnen stammt aus der EU, fast genauso viele kommen aus Osteuropa, einzelne sogar aus Kuba, Brasilien, Ägypten oder der Türkei. Von den Pädagogen aus dem Ausland profitiert Hamburg gleich doppelt. Einerseits herrscht Lehrermangel, gerade in den Naturwissenschaften. Nur mit offensiver Werbung um Lehrernachwuchs, Quereinsteigern und eben auch Weltlehrern kann der Wegfall von rund 7.000 Pädagogen, die in den letzten Jahren in Rente gingen, ausgeglichen werden. Anderseits sieht man die Lehrer aus dem Ausland auch als Chance für eine bessere Integration von Schülern mit Migrationshintergrund. So arbeiten einige der Weltlehrer in den „Internationalen Vorbereitungsklassen“, die junge Flüchtlinge auf den regulären Schulbetrieb vorbereiten.

Eine von ihnen ist Halis Yuyucu. Sie lebt seit 2002 in Hamburg und arbeitet heute als Lehrerin an der Geschwister-Scholl-Schule in Lurup in Vorbereitungsklassen. Die Aufgabe liegt ihr am Herzen: „Ich kann den Kindern etwas geben, was sie jahrelang nicht bekommen haben: Sie können ohne Angst lesen und schreiben lernen und zur Schule gehen.“ Dass sie selbst einen Migrationshintergrund hat, erleichtert diese Arbeit zusätzlich. „Ich sehe die Schüler wohl ein wenig anders als meine deutschen Kollegen“, sagt Yuyucu. „Ich glaube, ich habe ein bisschen mehr Mitgefühl, Toleranz und Nähe zu ihnen.“

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