: Grüne wollen künftig Gewalt teilen
RETRO Niedersachsens Grüne wollen Amt und Mandat trennen. Dann müssten sich Minister nicht mehr selbst kontrollieren
Mit der Trennung von Amt und Mandat wollen Niedersachsens Grüne zu einem ureigenen Parteiprinzip zurückkehren. „Mitglieder des Landtags, die ein MinisterInnenamt in der niedersächsischen Landesregierung erhalten, sollen ihr Landtagsmandat niederlegen“, heißt es in einem Antrag des Landesvorstands, der beim Parteitag am Wochenende in Osnabrück beschlossen werden soll.
Gestärkt werde damit die Gewaltenteilung: „Dem Parlament als Ganzes, nicht allein den Oppositionsparteien, obliegt es, die Regierung zu kontrollieren“, so die Begründung. „MinisterInnen mit Landtagsmandat“ wären damit nicht mehr in der schwierigen Situation, „sich selbst kontrollieren zu müssen“.
Bis zum Regierungswechsel 2013 habe sich die Frage der Trennung von Amt und Mandat lange nicht gestellt, sagte die Landesvorsitzende Meta Janssen-Kucz am Mittwoch in Hannover: Seit 1994 saßen die Grünen 19 Jahre lang in der Opposition, bevor sie mit den Sozialdemokraten die amtierende Regierung von SPD-Ministerpräsident Stephan Weil bildeten. In Niedersachsen mitregiert hatte die Partei zuvor nur im ersten Kabinett von Gerhard Schröder von 1990 bis 1994.
Innerparteilich habe es schon 2013 Forderungen nach der Trennung von Amt und Mandat gegeben, sagte Janssen-Kucz. Angesichts der geringen Regierungserfahrung und der hauchdünnen Ein-Stimmen-Mehrheit von Rot-Grün im Landesparlament in Hannover sei aber beschlossen worden, die Trennung erst nach einer Wiederwahl der Regierung Weil 2017 einzuführen.
Gestärkt werde mit dieser Entscheidung auch die grüne Landtagsfraktion, warb die Parteichefin. Nicht wenige Mitglieder in Niedersachsen fürchten, neben dem MinisterInnenamt fehle führenden Grünen wie dem stellvertretenden Regierungschef Stefan Wenzel, Wissenschafts- und Kulturministerin Gabriele Heinen-Kljajić oder Landwirtschaftsminister Christian Meyer schlicht die Zeit für eine intensive Parlamentsarbeit. Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz sitzt dagegen nicht im Landtag.
Mit dem jetzigen Antrag orientieren sich die Grünen außerdem an ihren ParteifreundInnen in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen (NRW). So gilt es etwa im bevölkerungsreichen NRW als selbstverständlich, dass grüne Abgeordnete nach der Wahl in ein Regierungsamt ihr Mandat niederlegen und damit Platz für Nachrücker der Landesliste machen. In Bremen und Hamburg hat die Trennung sogar Verfassungsrang. Im Parteirat hätten deshalb auch die grünen MinisterInnen „nach eineinhalbjähriger Diskussion“ ihre Zustimmung zum Vorstoß des Landesvorstands signalisiert, so Janssen-Kucz. WYP
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