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MobilitätDas Kraft-fahrtbundesamt zwingt Volkswagen, 2,4 Millionen Autos in Deutschland zurückzurufen
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von Richard Rother
Das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg, das die Strafpunkte von Verkehrssündern zählt, ist bei vielen Autofahrern gefürchtet – bei der Autoindustrie bislang weniger, da sie vom Amt kaum behelligt wurde. Angesichts des VW-Abgasbetrugs greift die Behörde nun aber durch. Volkswagen muss alle von der Manipulation betroffenen 2,4 Millionen Autos in Deutschland zurückrufen. Eine entsprechende Anordnung habe das Amt jetzt getroffen, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Donnerstag.
Grund: Bei der von VW verwendeten Software zur Abgasreinigung handelt es sich laut Dobrindt um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Die Software kann erkennen, wann das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand im Labor getestet wird. In diesem Fall wird die Abgasreinigung aktiviert und das Fahrzeug liefert die geforderten Abgasergebnisse. Auf der Straße jedoch kann die Abgasreinigung heruntergefahren werden, um mehr Leistung aus dem Motor zu holen.
Dieser Schmu ist zuerst der US-amerikanischen Umweltbehörde aufgefallen, die sich über Stickoxidemissionen von VW-Fahrzeugen wunderte, die bis zu 40-mal über den gesetzlichen Grenzwerten lagen. Die Veröffentlichung dieser Ergebnisse hatte im September die VW-Affäre ins Rollen gebracht. Weltweit sind etwa 11 Millionen Fahrzeuge betroffen, davon 8,5 Millionen in Europa, die der Konzern nun zurückrufen will.
Der in Deutschland angeordnete Rückruf ist ein harter Schlag für VW. Falls in Wolfsburg jemand damit gerechnet haben sollte, mit freiwilligen Nachbesserungen davonzukommen, die vermutlich viele Kunden aus Bequemlichkeit nicht in Angriff genommen hätten, wurde er nun eines Besseren belehrt. Ab Januar müssen alle betroffenen Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 – ihn gibt es mit 2 Liter Hubraum sowie mit 1,6 und 1,2 Liter – zurück in die Werkstätten. Dabei muss die Manipulationssoftware entfernt und eine funktionierende Abgasreinigungsanlage aktiviert beziehungsweise eingebaut werden. Besonders kompliziert wird dies bei den Motoren mit 1,6 Liter Hubraum, weil hier eine Software-Anpassung nicht reicht, sondern der ganze Motor umgebaut werden muss. Um die nötigen Teile beschaffen zu können, möchte VW bei diesen Modellen erst im September nächsten Jahres mit der Umrüstung beginnen.
Ursprünglich hieß es, dass 2,8 Millionen Fahrzeuge in Deutschland betroffen sind. Diese Zahl wurde nun nach unten korrigiert, da viele der hier zugelassenen Fahrzeuge nicht mehr da sind – sei es, dass sie abgemeldet oder ins Ausland verkauft wurden.
Das Kraftfahrtbundesamt kann Hersteller auffordern, Fahrzeuge oder Fahrzeugteile nachzubessern, wenn diese die Verkehrssicherheit oder die Umwelt gefährden. Solche Rückrufaktionen sind nichts Ungewöhnliches. Besonders am Fall VW ist jedoch der Zwang zur Maßnahme und ihr großer Umfang. Dieser resultiert auch aus dem von VW perfektionierten Baukastenprinzip, nach dem baugleiche Komponenten in vielen verschiedenen Modellen zum Einsatz kommen, um die Entwicklungs- und Produktionskosten zu senken.
So finden sich EA-189-Motoren bei der VW-Kernmarke bei den Modellen Golf, Passat und Caddy. Auch bei den VW-Töchtern Audi, Skoda und Seat sind verschiedene Modelle betroffen. Die Fahrzeughalter müssen zunächst nichts tun; sie werden von VW über den Rückruf informiert. Die Kosten trägt der Konzern.
Besuch vom Staatsanwalt bekam das Unternehmen nun auch in Italien. Dort wurde die Firmenzentrale in Verona durchsucht.
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