Polterer, Phlegmatiker und Marco Rubio

USA Bei der dritten TV-Debatte der republikanischen Kandidaten blieben die Favoriten blass

Jeb Bush (l.) und Marco Rubio (M.) beharken sich, Donald Trump sagt mal nichts Foto: Mark J. Terrill/ap

NEW YORK taz | Die ModeratorInnen bei der dritten republikanischen TV-Debatte in Boulder können den Neurochirurgen Ben Carson fragen, was sie wollen: Er reagiert immer gleich. Mit ein wenig zusammengekniffenen Augen und einem angedeuteten Lächeln steht er da, sieht aus, als müsste er nachdenken, und sagt dann mit einer sanften, beinahe einschläfernden Stimme Dinge wie: „Ich glaube an die Verfassung.“ Oder: „Wer die Ehe als Union zwischen einem Mann und einer Frau verteidigt, ist deswegen noch lange nicht homophob.“

Der 64-Jährige ist die Inkarnation des Phlegmas. Und er ist der neue Star unter den republikanischen KandidatInnen. Die rechten WählerInnen, insbesondere jene aus Tea Party und aus christlich-fundamentalistischen Gruppen, verehren Carson. In den Umfragen dieser Woche hat er erstmals sogar Donald Trump überholt. Beiden ist gemeinsam, dass sie nie eine gewählte Position hatten, dass sie aus Washingtoner Perspektive „Außenseiter“ sind.

Aber ihre Aura könnte nicht unterschiedlicher sein. Trump poltert, beleidigt, lässt seine Mundwinkel in Richtung Knie sinken und blickt verächtlich in die Runde. Carson gibt den Gentleman. Dankt seinen KonkurrentInnen und freut sich, in der Runde zu sein.

Diesmal stellt Carson, der zur Kirche der Adventisten des Siebenten Tages gehört, sein Steuerprogramm vor. Carson will den „Zehnten“ aus der Bibel zum Regelsteuersatz machen. „Hirngespinst“ nennt John Kasich diesen Steuerplan. Der Gouverneur aus Ohio ist ein solider konservativer Politiker. Aber in den Umfragen dieser Vorwahl kommt er nicht aus dem einstelligen Bereich heraus. Der politisch unerfahrene Carson punktet. Er wendet sich gegen die meisten Formen von Schwangerschaftsabbruch. Und er bestreitet sowohl die Evolution als auch, dass der Klimawandel menschengemacht ist.

Zwei Monate vor Beginn der Vorwahlen kämpfen einige, die als Favoriten galten, um politisches Überleben. Jeb Bush etwa hat gerade radikale Sparmaßnahmen in seinem Kampagnenteam verfügt. Seinen Geldgebern hat er versichert, er werde das Ruder noch herumreißen. Doch in Boulder fällt er vor allem dadurch auf, dass er gegen den anderen Kandidaten aus Florida giftet, Senator Marco Rubio, dem er seine häufigen Abwesenheiten im Senat vorwirft. Rubio, einst Bushs Protegé in Florida, kontert gelassen, der Ältere habe so etwas früher nie bemängelt. Jetzt störe es ihn, „weil wir uns um dieselbe Position bewerben“.

Was Carson auch gefragt wird – er sagt immer dasselbe

Während Bush absteigt, ist Rubio auf dem Weg nach oben. In den Debatten gibt er souverän programmatische Statements ab. In den Umfragen steht er direkt hinter Carson und Trump. Und bei den Geldgebern wächst das Interesse an ihm. Er vertritt einen Konservatismus wie den von Bush. Und die Partei könnte sich leichter mit ihm arrangieren als mit den „Außenseitern“.

Darüber hinaus bringt Rubio drei Vorteile mit ins Rennen: Er ist 44 Jahre jung, er hat einen Einwanderungshintergrund (seine Eltern stammen aus Kuba), und er schleppt nicht die Vergangenheit einer Präsidentenfamilie mit sich herum. Dorothea Hahn