Press-Schlag: Ein Heldt auf Zeit
Wenn’s am schönsten ist, will Schalke seinen Manager Horst Heldt wegschicken und Christian Heidel von der Mainzer Konkurrenz herlotsen. Eine Entscheidung ohne Herz, aber durchaus mit Verstand.
Horst Heldt hat schon eine Menge erlebt in seinen über fünf Jahren in verantwortlicher Position beim FC Schalke 04, aber der Ausbruch der Ekstase am Samstag war auch für ihn eine neue Erfahrung. Als Max Meyer in der Nachspielzeit der Partie gegen Hertha BSC Berlin den 2:1-Siegtreffer erzielt hatte, brach Glückseligkeit aus. „So eine Emotionalität, so eine Inbrunst im Feiern, so eine Ausgelassenheit, da muss ich lange überlegen, wann das stattgefunden hat in der Intensität“, sagte Heldt etwas später.
Derzeit deutet jedoch alles darauf hin, dass sein im kommenden Sommer auslaufender Vertrag nicht verlängert wird. „Natürlich lässt sich so was nicht wegblenden, ich bin ein sensibler Mensch“, hatte Heldt schon vorige Woche eingeräumt, nachdem klar ist, dass Aufsichtsratschef Clemens Tönnies versucht, Christian Heidel von Mainz 05 als neuen Manager nach Gelsenkirchen zu locken.
Das Interesse an Heidel ist nachvollziehbar, schließlich gilt der 52-Jährige als einer der versiertesten Fachleute, wenn es darum geht, mit vergleichsweise wenig Geld große Erfolge zu generieren. Und Heldt hat in seinen fünf Jahren viele zum Teil sehr teure Spieler und mehrere Trainer verpflichtet, die den Klub allenfalls kurzfristig weiterbrachten. Außerdem wird ihm vorgeworfen, er habe die Kosten für den überteuerten Kader nicht auf ein verträgliches Niveau gesenkt. Wobei unklar ist, inwieweit Tönnies diese Entwicklungen beeinflusst hat.
Der Schalker Werdegang der vergangenen Jahre trägt nämlich nicht nur die Handschrift Heldts, der Patron aus Rheda-Wiedenbrück hat die schwierige Unternehmenskultur ebenfalls entscheidend mitgeprägt. In den wenigen Wochen, als der superteure Kevin-Prince Boateng überzeugend spielte, hat auch Tönnies sich mit dem vermeintlichen Transfercoup geschmückt, nun gilt er alleine als Heldts Fehleinkauf. Ähnlich war es beim Katastrophentrainer Roberto di Matteo.
Dass nun alleine der Manager als Hauptverantwortlicher am Pranger steht und wohl gehen muss, stört daher viele Fans genauso wie die Tatsache, dass die erfreuliche sportliche Entwicklung jetzt von einer Managerdiskussion eingetrübt wird.
Heldt ausgerechnet nach einem Sommer zu demontieren, in dem er zum ersten Mal eine menschlich wie sportlich gleichermaßen funktionierende Einheit geformt hat, ist skurril. „Trainerauswahl, Transfers, Teamgeist, er hat einen großen Anteil an der bisherigen Saison“, sagte Mittelfeldspieler Johannes Geis am Samstag.
Allerdings ändert all das nichts daran, dass Heidel einer der vielleicht zwei, drei Manager ist, denen zugetraut werden kann, was Heldt in seinen fünf Jahren nicht gelang: Schalke 04 zu einem Klub zu machen, der seine finanziellen Potenziale und seine emotionale Kraft endlich in ein besonders gutes Jahr mit der Hoffnung auf einen Titel münden lässt. Wenn dieser Mann zu einem Wechsel bereit ist, wäre es fahrlässig, diese Chance zu verpassen. Die Nebengeräusche dieses sich anbahnenden Managerwechsels sind zwar nicht schön, aber wenn es Tönnies gelänge, Heidel nach Gelsenkirchen zu locken, wäre das der größte Coup seiner Ära als Aufsichtsratschef. Daniel Theweleit
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