Ekeleis und Bommerlunder

POLIZEI Nach Mobbingvorwürfen verteidigen Kollegen und Gewerkschafter die Beamten

Männerbund, manchmal bewundert: SEK Foto: Marius Becker/dpa

KÖLN taz | Ekeleis bis zum Er­brechen, Bommerlunderrausch und Fesselspiele im Indianerkostüm – das klingt nach Dschungelcamp. Die teils unappetitlichen Details von Aufnahmeritualen des Kölner SEK3 sind nachzulesen auf den Internetseiten des Innenministeriums. Der Ruf der Kölner „Elite-Polizisten” ist angeschlagen, seit im Juni zwei Anwärter der SEK3 Mobbingvorwürfe erhoben haben. Sie seien bei einer Betriebsfahrt schikaniert worden, hätten Knoblauch-Chili-Eis verzehren, sich fesseln lassen müssen und Ähnliches mehr. Die Aachener Staatsanwaltschaft ermittelte, stellte ihre Arbeit aber wieder ein, weil die Rituale mit Einverständnis der Betroffenen erfolgt seien. Allerdings läuft immer noch ein Disziplinarverfahren gegen die Beteiligten.

Obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, entschied der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers Mitte September, die neun Beamten zu versetzen. Albers hatte für seine Personalentscheidung Rückendeckung durch das NRW-Innenministerium, die Rechnung aber nicht mit dem Personalrat seiner Behörde gemacht.

Denn qua Gesetz muss dieser der Maßnahme zustimmen. Und genau das wird er nicht tun; die Causa SEK3 weitet sich stattdessen zu einem behördeninternen Machtkampf aus. Gewerkschafter im Personalrat werfen dem Polizeichef ­Vorverurteilung vor. Keiner der Betroffenen sei bislang angehört worden. Arnold Plickert, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der ­Polizei: „Wir stellen uns nicht blind vor die Kollegen, aber es muss nach rechtsstaatlichen Kriterien vorgegangen werden.“ Die Kollegen der anderen Einheiten in NRW seien nun „total verunsichert“.

Rückenwind bekommt die Kritik an Albers durch den Bericht eines Sonderermittlers. Der Kölner Polizeipräsident hatte den früheren Chef des NRW-Landeskriminalamts, Wolfgang Gatzke, beauftragt, zu überprüfen, ob demütigende Rituale in anderen Einheiten die Regel seien. Dies ist wohl nicht der Fall, wie am Freitag bekannt wurde. Dem vertraulichen Bericht zufolge gibt es keine Zweifel an der Werteorientierung der Männer und keine Hinweise auf systematisches Mobbing. NRW-Innenminister Ralf Jäger reagierte prompt, lobte die Arbeit der Kommandos, stellte aber auch klar, dass der Bericht ausdrücklich nicht die Vorfälle beim Aufnahmeritual des SEK3 zum Gegenstand hatte. Polizeipräsident Albers verteidigte seine umstrittene Personalentscheidung erneut: „Die Rituale beim SEK3 lagen eindeutig außerhalb der Wertevorstellungen der Polizei, waren unerträglich und ekelhaft.“

Anwälte der betroffenen Beamten strengen unterdessen ein Disziplinarverfahren gegen Wolfgang Düren, Abteilungsleiter „Polizei“ im Innenministerium, an. Dieser hatte im Innenausschuss behauptet, das Ekel­eis sei teils aus Körperflüssigkeiten hergestellt worden. Einen Tag später revidierte Düren seine Worte. Kollegen verteilten in den vergangenen Wochen als Zeichen ihrer Solidarität Plakate und T-Shirts mit der Aufschrift: „Je suis Kommando 3.“

CLAUDIA HENNEN