piwik no script img

Coffeeshop löst sich in Luft auf

DROGEN Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg darf keine Fachgeschäfte für Cannabis einrichten

BERLIN taz | Im grün regierten Berliner Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg wird es auf absehbare Zeit keinen Coffeeshop geben. Wie am Montag bekannt wurde, hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einen Antrag des Bezirks auf Verkaufsstellen für Cannabisprodukte abgelehnt.

Die Behörde sieht sich für eine solche grundlegende politische Entscheidung nicht zuständig. „Sollte sich die Akzeptanz gesetzlicher Verbotsregelungen im Verlauf einer gesellschaftlichen Entwicklung tatsächlich verändert haben, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, dieser etwaigen Änderung Rechnung zu tragen“, heißt es in dem Bescheid. Das Institut argumentiert jedoch auch inhaltlich: Mit der legalen Abgabe von Cannabis werde „eine Unbedenklichkeit suggeriert, die das Betäubungsmittel nicht hat“.

Die Kreuzberger Grünen hatten einen Coffeeshop erstmals 2013 ins Gespräch gebracht. Sie hofften, damit die Drogenprobleme im Görlitzer Park in den Griff zu bekommen. Zwei Jahre lang feilten sie an dem Antrag, diskutierten mit BürgerInnen und VertreterInnen der Suchthilfe. Das Ergebnis: In Kreuzberg und Friedrichshain sollte es je zwei Fachgeschäfte für Marihuana geben. JedeR KäuferIn hätte sich registrieren lassen müssen, auch Beratungen sollten in den Geschäften stattfinden. Der Verkauf an Jugendliche wäre verboten gewesen. Ein Forschungsprojekt sollte das Ganze wissenschaftlich begleiten.

Das Vorhaben befeuerte auch die bundesweite Debatte über die Legalisierung von Cannabis: Bremen, Düsseldorf und das Hamburger Schanzenviertel kündigten an, dem Kreuzberger Beispiel folgen zu wollen. Im Juni schickte der Bezirk seinen Antrag an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) unterstellte Institut ist die Behörde, die Ausnahmen vom Betäubungsmittelverbot genehmigen muss.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) wollte die Ablehnung am Montag trotz allem nicht als Niederlage verstanden wissen. Schon die breite Diskussion über die Cannabisabgabe sei ein „großer Erfolg“. Sie ist sich sicher, dass das Thema weiter an Fahrt gewinnen wird. „Der Druck Richtung Bundesregierung und Berliner Senat wird täglich größer.“

Friedrichshain-Kreuzberg hat nun einen Monat Zeit, um gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen. Monika Herrmann kündigte an, sich das Papier mit juristischer Beratung genau anzuschauen. „Wir behalten uns einen Widerspruch vor.“

Antje Lang-Lendorff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen