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Ein Preis für die Grande Dame

RUSSLAND Ludmila Alexejewa wird für ihr lebenslanges Engagement für Menschenrechte ausgezeichnet

MOSKAU taz | Ludmila Alexejewa ist die Grande Dame der russischen Menschenrechtsbewegung. Am Montag erhielt die 88-Jährige den Václav-Havel-Preis der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für ihr „lebenslanges Engagement“.

Die Menschenrechtsaktivistin ist eine jener russischen Persönlichkeiten, die angesichts erdrückender Übermacht von Unrecht und Niedertracht Mut und Furchtlosigkeit beweisen. Ohne mit der Wimper zu zucken und ohne sich als Heldin zu gebärden. Es sind diese urrussischen Charaktere, die das Land immer wieder davor bewahren, Achtung vor sich selbst zu verlieren.

Bis ins hohe Alter nahm Alexejewa an Demonstrationen teil. Schon 1968 gehörte die Bürgerrechtlerin zu dem kleinen Häuflein von Aufrechten in der Sowjetunion, die in Moskau gegen den Einmarsch der Roten Armee in der Tschechoslowakei demonstrierten.

Ein Jahrzehnt später musste die Archäologin Moskau verlassen. Die KPdSU schickte sie Ende der 70er Jahre ins amerikanische Exil, nachdem sie mit anderen Dissidenten 1976 nach der Schlussakte von Helsinki einen Moskauer Ableger der Helsinki-Gruppe gegründet hatte. Schon in den 1960ern verbreitete sie im Untergrund Literatur über Menschenrechte. 1993 kehrte sie endgültig nach Moskau.Trotz ihrer Erfahrungen mit Erniedrigung, Exil und dem Abgleiten Russlands in autoritäre Fahrwasser sei sie ein Mensch, der zum „Glücklichsein neige“, sagte sie einmal. Wer seine Würde verteidigt, unter welchen Bedingungen auch immer, müsse einfach glücklicher sein als ein Schurke.

Davor scheinen auch die Männer im Kreml Respekt zu haben. Vor Kurzem kehrte Ludmila Alexejewa wieder in die Menschenrechtskommission beim Präsidenten zurück. Seit 2012 war sie diesem Gremium ferngeblieben – aus Protest gegen die Behinderung der Zivilgesellschaft. Die Zeiten sind unterdessen noch härter geworden. Der Kreml hat den Nichtregierungsorganisationen den Kampf angesagt und die Bürgergesellschaft stark verunsichert. Diese Lage verlangt Pragmatismus, zu dem die streitbare Aktivistin auch bereit ist. Nur auf Demonstrationen, wo mit Polizeigewalt zu rechnen ist, wagt sie sich seit einiger Zeit nicht mehr. „Wir sind ein Land, das nicht dafür gemacht wurde, ein normales Leben zu führen“, lacht sie und meint es ernst.

Klaus-Helge Donath

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