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Kommentar Einigung im Kita-StreikBsirskes Ergebnis

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Wesentliche Verbesserungen hat Verdi nicht verhandelt. Dass der Arbeitskampf trotzdem endet, kann sich Frank Bsirske als Erfolg anrechnen.

So richtig glücklich sieht Verdi-Chef Frank Bsirske (li.) nicht aus.

F ür Eltern ist es eine erfreuliche Nachricht: Sie müssen keine neuen Notfallpläne machen. Die ab Oktober angedrohten Streiks in den kommunalen Kindertagesstätten fallen aus. Die Arbeitgeber haben Verdi die Brosame gegönnt, die die Gewerkschaftsspitze benötigte, um eine Rechtfertigung zu haben, den Arbeitskampf im Sozial- und Erziehungsdienst endgültig zu beenden. Mütter und Väter können also aufatmen. Bei den Beschäftigten dürfte die Stimmung weniger euphorisch sein.

Das Ergebnis bedeutet keine grundlegende Verbesserung gegenüber dem Schlichterspruch, den die Gewerkschaftsbasis im August aus gutem Grund abgelehnt hatte. Selbst Verdi-Chef Frank Bsirske muss einräumen, dass die geforderte „signifikante Ausweitung des Verteilungsvolumens“ nicht erreicht werden konnte. Der Kompromiss hat aber auch Positives: Der Kuchen wird innerhalb der rund 240.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst gerechter verteilt.

Es profitieren nicht mehr vorrangig dienstältere KinderpflegerInnen und ErzieherInnen in Leitungsfunktionen, auch jüngere ErzieherInnen bekommen spürbar mehr, ebenso die SozialarbeiterInnen im Allgemeinen Sozialdienst, die bei der Schlichtungsempfehlung noch leer ausgegangen waren.

Gleichwohl ist der Abschluss meilenweit von den Forderungen entfernt, mit denen Verdi in den Arbeitskampf gezogen ist. Auch wenn aufgrund der klammen Kassen der Städte und Gemeinden nicht mehr drin gewesen sein mag, ist das für viele StreikaktivistInnen eine bittere Pille. Dass sie noch einmal aufbegehren werden, ist unwahrscheinlich: Die Luft ist raus. Und in der Urabstimmung reichen 25 Prozent Zustimmung. Damit dürfte die Strategie von Frank Bsirske aufgegangen sein, die Verhandlungen auf die Woche nach dem Verdi-Bundeskongress zu vertagen. Die Gewerkschaftsführung wollte den Arbeitskampf beenden – und sie hat ihn beendet.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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2 Kommentare

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  • Zugleich wird sich ja angesichts der durch kapitalistische Konkurrenz forcierten Roboterisierung und daher weiteren Elimination der lebendigen Arbeitskraft aus der Produktion die "Mehrwertmassenschrumpfung"(Robert Kurz) verschärfen, was zwar die Gewerkschaftsmacht weiter schwächen, aber Bonzokraten wie Bsirkse vorerst nicht aus ihrem lukrativem Amt kippen wird. Also wird es mit dieser DGB-Führung für die einfachen Mitglieder lohn- und mitbestimmungspolitisch auf lange Sicht bei der "bleiernen Zeit"(Hölderlin) bleiben.

     

    Und erst recht , wird aus diesen den Bsirskes aus der Hand fressenden, kapitalhandzahmen Gewerkschaften nicht die Rettung vom immer entwürdigenderen, siecheren kriegsgeileren Real-Kapitalismus kommen.

     

    Sie entsteht vielleicht aus dem zunehmenden notvollen BRD-Prekariat aller Schichten, in Kooperation mit emanzipatorisch aufgeschlossenen ,ebenfalls in Prekarität vegetierenden ,Flüchtlingen

    und den wenigen noch im DGB organisierten, radikal kapitalismuskritischen Arbeiter und unbedingt ..in Zusammenarbeit mit den anderen l i n k e n EU-Prekariaten!

  • Solange sich die Mehrheit der deutschen GewerkschafterInnen hochbezahlte und auch daher das Kapital- und dessen Politbüttel schonende, risikoscheue, aber oft raffiniert verbalradikale , dem Neoliberalismus der SPD-Spitze verpflichtete Gewerkschaftsbonzen wie Sonnyboy und Gratisflugreisen- Bsirske hält, wird es beim "Durchsetzen" lächerlicher Prozentforderungen meist auf Kosten der unteren Einkommmensgruppen ,bestenfalls zu den Umverteilungen von Lohnmengen i n n e r h a l b der Branchen-Arbeitskräfte kommen , im Durchschnitt beim Stagnieren der Reallöhnhöhe bleiben.

    Und der jetzt schon von vielen BRD-Kapitalisten trickreich außer Kraft gesetzte, von neoliberalen Grokloalition-Lakaien à la Bsirske als soziale Großtat verkaufte ,Mindestlohn, wird durch das von Großkapitalisten wie Zetsche intendierte geschickte Einsetzen von Flüchtlingen auf dem Markt für lebendige M e n s c h e n unter Kapitalmacht als Profiterzeuger entwürdigte ( : Arbeitsmarkt müßte nach Marx heißen: Markt für Produktionsmittel-lose Arbeitskräfte) wohl bleibend unwirksam gemacht.

    Wird fortgesetzt