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Chance für junge Kunst

Kunstvernetzung Zum dritten Mal will die Hamburger Produzentenmesse "P/art" Künstlergespräche, kuratierte Ausstellung und Kunstkommerz vereinen. Für eine professionell organisierte Messe unüblich: auch Hamburger Off-Räume präsentieren sich

Künstlergespräch und Kunstmesse, kuratierte Ausstellung und Kommerz, Off-Raum und Party: Die Hamburger „p/art – Producers ArtFair“ versucht diese oft widerstrebenden Seiten des Kunstbetriebs zu vereinen. Für ihre jetzt dritte Ausgabe wurde nach dem Kolbenhof in Hamburg-Bahrenfeld 2013 und den Phoenix-Hallen in Harburg im vergangenen Jahr wieder ein alter Industrie-Ort gefunden: Zwei Oberlicht-Säle des ehemaligen Kraftwerks Bille im Stadtteil Hammerbrook werden mit ihren 3.000 Quadratmetern für vier Tage zum Zentrum der Hamburger Kunst.

Von rund 600 Bewerbungen konnte eine Jury nur ein Zehntel berücksichtigen. Darunter sind so unterschiedliche Künstler wie der alles vergipsende Simon Hehemann, der Gesamt-Installationen bauende Maler Martin Meiser, der Klangkünstler Heiko Wommelsdorf, Marcel Grosse mit seinem funkensprühenden Schweißmaschinen-Zufallsgenerator oder die Industrie-Werbung persiflierende Gruppe „Burn-Rate“.

Zur Präsentation stehen eigens in die Halle eingebaute weiße Wände zur Verfügung, aber auch die über zwanzig wie vorgefunden belassenen ehemaligen Büroräume hinter der umlaufenden Galerie ein Stockwerk höher. Da sind noch sonnendurchstrahlte Buchenwald- und bepalmte Südsee-Tapeten an der Wand und Waschbeckenreihen warten auf Neuinterpretation. Dass Kunst am gleichen Ort zwischen cool museumsweißer Freistellung und verkommener Kontextualisierung wählen kann, ist einigermaßen ungewöhnlich.

Unüblich ist auch, dass die Künstler weitgehend stets anwesend sind. „Wir wollen so nah am Atelier sein, wie möglich“ sagt Justus Duhnkrack, einer der acht Mitglieder des ehrenamtlichen Organisatorenkomitees. Diese Idealisten sind selbst nicht ursprünglich aus Hamburg. Das ist vielleicht auch besser so, damit mal was anders gemacht wird als in Konkurrenz zu Berlin Harley- und Kreuzfahrer zu bespaßen. Auch blaue Nächte machen ja noch keine Kunststadt.

Doch die in Fachkreisen geachtete und darüber hinaus mangels breiter Unterstützung kaum wahrgenommene hiesige Kunstszene liegt den Veranstaltern der P/art glaubhaft am Herzen. Für eine professionell organisierte Messe unüblich kooperieren sie mit der Off-Szene. Sechzehn Kunstorte, die sich als alternative Produzentengalerien verstehen, vom etablierten Westwerk bis zum kleinen Nachtspeicher in der Lindenstraße oder der Galerie Speckstraße im Gängeviertel und der Altonaer Zustandszone präsentieren sich in gemeinsamem Auftritt. Am Freitag gibt es ab 19 Uhr eine Eröffnungsnacht in allen teilnehmenden Kunsträumen und in Hammerbrook präsentieren sie sich exemplarisch in teilverglasten Containern. Dadurch erhöhen sie die Zahl der dort gezeigten Positionen noch einmal um die Hälfte auf gut neunzig.

Die P/Art hilft aber nicht nur, die Off-Räume zu vernetzen, sie ist selbst Teil eines neuen Netzwerks unabhängiger und alternativer Kunst-„Messen“. Mit Ausstellungen und Performances, Künstlergesprächen und Diskussionsrunden wird der nicht geringe Anspruch erhoben, die Haltung zur Kunst zu verändern. Gucken und Reden, Dazulernen und Feiern und erst dann vielleicht auch kaufen – und das mit weitergehenden Aktivitäten auch über die paar Messetage hinaus. Hajo Schiff

Eröffnung: Do, 24.9., 19 Uhr, Kraftwerk Bille, Anton-Ree-Weg 50, Hamburg-Hammerbrook. Fr 12-20, Sa 11-23, So 11-20 Uhr

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