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Projektziel: Zersetzung

EXIT Mit einem Aussteigerprogramm für Agenten wendet sich eine neue Initiative direkt an Mitarbeiter von Verfassungsschutz, NSA und GCHQ. Ihr Angebot ist ernst gemeint

Vor dem BND-Neubau in Berlin: Ein als Spion verkleideter Mann demonstriert gegen die Überwachung durch Geheimdienste, September 2015 Foto: Paul Zinken/dpa

von Martin Kaul

BERLIN taz | Links- und Rechtsextreme sowie Salafisten – Angehörige dieser Zielgruppen haben stets zumindest eine letzte Perspektive: Für sie alle gibt es Aussteigerprogramme, meist organisiert von Verfassungsschutzbehörden. Hotline wählen, etwas reden, ab ins neue Leben. Jetzt soll es eine Neuerung auf diesem Markt der Lebensperspektiven geben: Ein Aussteigerprogramm nur für Agenten. Intelexit – das ist das Stichwort einer Initiative, mit der ab Montag in Deutschland und weltweit Mitarbeiter von Nachrichtendiensten direkt adressiert werden sollen.

Die Idee: Wer als Agent ein neues Leben auf der anderen Seite des Überwachungsstaats führen will, soll künftig von professionellen Unterstützern aufgefangen werden. Hinter der ernst gemeinten Initiative steht ein weltweites Netzwerk verschiedener Aktivisten, Whistleblower und Exagenten. In einem Werbefilm, der ab Montag im Internet zu sehen sein soll, kommt etwa der Kryptografie- und Sicherheitsexperte Bruce Schneier zu Wort, der weltweit vielen als netzpolitische Kory­phäe gilt. Teil des Kampagnen­films ist auch der frühere NSA-Geheimdienstmitarbeiter Thomas Drake, der selbst seinen Job beim Auslandsgeheimdienst der USA an den Nagel hängte und stattdessen als Whistle­blower Karriere machte.

Mit Broschüren und Informationsmaterial soll ab Montag an Standorten deutscher Geheimdienste, aber auch im Ausland für die neue zivilgesellschaftliche Anlaufstelle geworben werden. So soll ein großer Werbetruck unter anderem am Standort des britischen Geheimdiensts GCHQ auf die Initiative aufmerksam machen. Für Dienstag kündigen die Aktivisten in einem internen Papier kryptisch an, sich „im Rahmen einer direkten Botschaftsübermittlung“ an „Sammelstellen der GeheimdienstmitarbeiterInnen“ zu wenden. In einer Pressekonferenz am Mittwoch will die Initiative dann in Berlin ihre Arbeit vorstellen. Dabei soll die pakistanische Frauen- und Bürgerrechtsaktivistin Nighat Dad zu Wort kommen.

Hinter der naiv anmutenden Idee steht nach Darstellung ihrer Urheber ein ernstes Vorhaben. Die Initiative, die sowohl die Massenüberwachung von Geheimdiensten wie auch etwa das Versagen der deutschen Verfassungsschutzämter im NSU-Skandal kritisiert, beteuert, Menschen, die ihre Arbeit für einen Nachrichtendienst beenden wollen, ganz konkret Rechtsbeistand geben zu wollen. „Ob interessierte Aussteiger später auch als Whistleblower agieren wollen, bleibt den Menschen selbst überlassen“, sagt ein Sprecher. Eine Hilfe könne etwa sein, ausstiegswilligen Beamten Fachanwälte für Beamtenrecht zu vermitteln.

Wer beim Nachrichtendienst aufhört, soll Rechtsbeistand erhalten

Hinter der global angelegten Kampagne steht ein bestens organisiertes Netzwerk. Als Sprecher der Initiative fungieren der prominente französische Netzaktivist Jérémie Zimmermann sowie die Wiener Künstlerin lizvlx, die in der Vergangenheit wiederholt auch Polizei und Justizbehörden aus den USA durch ihre Kunstaktionen auf den Plan rief. Urheber und ­Koordinator der Initiative ist das in Berlin ansässige Peng Collective, ein Zusammenschluss verschiedener Künstler und Aktivisten.

Dass die globale Kampagne in Berlin entworfen wurde, ist kein Zufall. Spätestens seit den Enthüllungen Edward Snowdens hat sich in der deutschen Bundeshauptstadt eine internationale Szene von Bürgerrechtsaktivisten und Hackern, Whistle­blowern, aber auch ehemaligen Geheimdienstagenten wie der britische Ex-MI5-Agentin Annie Machon formiert.

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