: Ein Parlament versucht einen Papst zu verstehen
Papst/USA Franziskusspricht vor dem Kongress heikle Themen an, manche zwischen den Zeilen
Kein Wunder: Musste Boehner doch befürchten, dass die Äußerungen dieses Papstes seiner eigenen Fraktion überhaupt nicht gefallen würden. Bei Klimapolitik, Einwanderung und bei der US-Annäherung zu Kuba ist der Papst in etwa mit Präsident Barack Obama auf einer Linie – gegen den Widerstand vieler, bei Klimapolitik sogar fast aller Republikaner.
Boehner hatte schon die letzten drei Päpste eingeladen,aber Franziskus war der erste, der auch kam. Überhaupt zum ersten Mal sprach also ein Papst im Kongress, und er wurde mit minutenlangem Beifall und Jubelrufen empfangen. Franziskus wusste, wie er die Parlamentarier einfangen konnte, als er sich gleich zu Beginn seiner Rede freute, im „Land of the free and home of the brave“ eingeladen zu sein.
Dann jedoch, vielleicht auch durch sein mitunter schwer verständliches Englisch, wussten wohl viele nicht so recht, was sie mit seiner Rede anfangen sollten. Den größten Applaus bekam der Papst stets, wenn er sich positiv auf die USA bezog, etwa als „Land der Träume“ unter Bezug auf Martin Luther King.
Der schönste Kniff gelang dem Papst, als er auf seine Überzeugung verwies, dass das Leben in jedem Stadium geschützt gehöre. Alle Abtreibungsgegner klatschten begeistert – bis Franziskus fortfuhr: „Und deshalb bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass die Todesstrafe weltweit abgeschafft wird.“ Da klatschten dann andere.
Deutlich wurde der Papst auch mit eindeutigen Aufforderungen, Migration als etwas Positives zu verstehen und das Wirtschaftssystem so zu organisieren, dass es sozial für alle funktioniert und die Umwelt nicht zerstört. Zwar rief er nicht direkt dazu auf, Obamas entsprechende Initiativen zu unterstützen. Aber seine Positionen dazu sind bekannt. Die Message wurde verstanden. Und manche der Parlamentarier mochten sie. Bernd Pickert
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