Reform der Bundeswehr:
Frau Ministerin will hacken

MILITÄR Ursula von der Leyen möchte künftig auch digitale Kriegsführung betreiben

BERLIN taz | Cyber-Offensive im Verteidigungsministerium: Mit einer möglicherweise tiefgreifenden Bundeswehrreform will Ursula von der Leyen (CDU) ihr Ministerium ab 2016 entscheidend umbauen. Das kündigte die Ministerin am Donnerstag in Berlin an.

Neben den klassischen Kernbereichen der Bundeswehr – Luftwaffe, Heer und Marine – könnte künftig die digitale Kriegsführung eine ebenbürtige Bedeutung erhalten. Dies soll sich auch in der Struktur des Ministeriums und der Bundeswehr zeigen. Das Ziel: Die „erfolgreiche Operationsführung im gesamten Informationsraum“, wie es in einem sogenannten Tagesbefehl der Ministerin vom Donnerstag heißt.

Hintergrund der Entscheidung ist, dass sich das Militär bislang zu schlecht gerüstet sieht für digitale Bedrohungen. Zwar mangele es nicht an Kompetenzen, wie es im Ministerium heißt, jedoch an einer schlagkräftigen und zentralen Struktur. Offenbar gibt es auch Frust, weil Verantwortungsbereiche bislang oft unklar verteilt sind. Aus dem Ministerium heißt es, häufig brauche es Tage, um etwa bei Anfragen militärischer Partner überhaupt festzustellen, wer in einer bestimmten Angelegenheit zuständig ist. Eine Arbeitsgruppe im Ministerium soll daher nun einen Strukturvorschlag entwerfen, über den im Frühjahr 2016 entschieden wird. Wie genau die Reform dann aussieht und wie tiefgreifend sie wirkt, ist bis dahin offen. Kosten soll sie angeblich zunächst nichts.

Dass die Bundeswehr hinreichend Nachwuchs für ihre neuen Hacking-Pläne rekrutieren kann, bezweifelt sie derweil nicht. Ein hochrangiger Vertreter des Ministeriums sagt sinngemäß: Es gebe Herausforderungen im digitalen und technischen Bereich, die sich nur bei der Bundeswehr auf legalem Wege umsetzen ließen.

Doch Vorsicht: Das Mandat der Bundeswehr ist in vielen ­Bereichen recht dünn ausgestattet. So darf die Bundeswehr selbst in Kriegsgebieten wie Afghanistan keine digitalen Angriffe ­ausführen, sondern lediglich lauschen und mitschneiden. Technische Sabotage? Funkmasten ausschalten? Fehlanzeige, offiziell zumindest.

Und so sind im Hinblick auf eine künftige digitale Kommandozentrale der Bundeswehr derzeit mehr Fragen ungeklärt als beantwortet. Wird das eine Knallerreform mit zahlreichen Rechtsfolgen? Oder ein Verwaltungsreförmchen, das dann letztlich auch schon so gut wie egal ist?

Martin Kaul