: „Wir müssen an einem Strang ziehen“
FLÜCHTLINGE Grünen-Fraktionschefin Pop drängt vor Plenarsitzung die Fraktionen zum Schulterschluss
taz: Frau Pop, sind Ihnen die anderen Oppositionsparteien angesichts des Flüchtlingszustroms nicht staatstragend genug?
Ramona Pop: Warum?
Weil Sie vor der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause so offensiv von Verantwortung auch der Opposition sprechen. Von Piraten und Linkspartei hört man das nicht.
Ich spreche in erster Linie für uns Grüne. Aber ich appelliere auch an die anderen Fraktionen, dass wir alle an einem Strang ziehen. Dies gilt für Regierung und Opposition gleichermaßen. Berlin steht vor der großen Herausforderung, die Geflüchteten unterzubringen, zu versorgen und zu integrieren. Angesichts von 70.000 erwarteten Flüchtlingen ist das eine gewaltige Aufgabe.
Und das heißt?
Was wir oft ritualisiert an Streit austragen, müssen wir zurückstellen. Das sorgt nur für Verunsicherung bei den Bürgern und spielt denen in die Hände, die gegen Flüchtlinge hetzen.
Sie hatten das schon vergangene Woche mit dem Satz „Wir schaffen das – gemeinsam“ gefordert. Offenbar sind Sie nicht der Ansicht, dass seither genug passiert.
Wir haben für die Plenarsitzung das Thema Flüchtlinge gemeinsam als Aktuelle Stunde angemeldet. Schon beim Kauf des Ex-Landesbankgebäudes in der Bundesallee als neuer Erstaufnahmestelle haben wir als Opposition schnell und unkompliziert und jenseits von Ausschusssitzungen gesagt, dass wir das unterstützen. Darauf müssen wir aufbauen, denn wir sind noch lange nicht am Ende. Ob Gesundheitsversorgung, Sprache, Arbeit, Ausbildung – jetzt müssen wir unsere Unterstützung bei der Lösungssuche anbieten.
Heißt das, dass sich die Opposition ab einem gewissen Krisenlevel zurückhalten soll?
In der Krise muss man auch mal Notlösungen akzeptieren, die aber kein Dauerzustand werden dürfen.
Was erwarten Sie von der Debatte im Parlament?
Wir Grünen haben dazu einen eigenen Antrag eingebracht, der mehr Unterstützung durch die Bundesebene fordert. Grundsätzlich erwarte ich, dass wir nach echten Lösungen suchen und uns gegenseitig unterstützen, statt uns einen Schlagabtausch zu liefern. Damit ist den Flüchtlingen nicht geholfen.
Interview: Stefan Alberti
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