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Kein Hartz IV für EU-Bürger

eurpäischer gerichtshof EU-BürgerInnen, die in Deutschland Arbeit suchen und nur selten oder gar keine finden, haben kein grundsätzliches Recht auf Sozialleistungen

aus karlsruhe Christian Rath

Arbeitssuchende EU-BürgerInnen haben in Deutschland keinen Anspruch auf Hartz IV. Das entschied jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem lang erwarteten Grundsatzurteil. Dagegen sind keine weiteren Rechtsmittel mehr möglich.

Konkret ging es um eine in Bosnien geborene Frau, die heute die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt und damit EU-Bürgerin ist. Nazifa Alimanovic lebt mit ihren drei Kindern in Berlin. Die Frau und ihre älteste (inzwischen 21-jährige) Tochter fanden immer wieder kürzere Beschäftigungen, meist waren sie jedoch arbeitslos. Als ihnen das Jobcenter Neukölln die beantragten Hartz IV-Leistungen verweigerte, klagte sie.

Das Jobcenter berief sich auf eine Ausschlussklausel, die sich seit 2007 im Sozialgesetzbuch II findet. Danach wird Hartz IV nicht gewährt, wenn sich AusländerInnen nur zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Damit wollte der Bundestag Anreize verhindern, dass schlecht qualifizierte Menschen nach Deutschland kommen und hier von Sozialleistungen leben. Seit Jahren wird diskutiert, ob diese Ausschlussklausel mit EU-Recht vereinbar ist, weil sie EU-BürgerInnen diskriminiert. Immer wieder haben Sozialgerichte klagenden EU-BürgerInnen im Eilverfahren Hartz IV gewährt. Das Bundessozialgericht legte die Frage Ende 2013 dem EuGH vor.

Der EuGH erklärte nun, dass das deutsche Gesetz mit EU-Recht vereinbar ist. Zwar müssten EU-BürgerInnen grundsätzlich auch bei Sozialleistungen gleichbehandelt werden. Allerdings gebe es für den Sozialhilfe-Bezug von Arbeitssuchenden ausdrücklich eine Ausnahme in der EU-Unionsbürger-Richtlinie von 2004.

Ob diese EU-rechtliche Ausnahme anwendbar ist, war lange umstritten. Zum einen erklärten manche deutsche Gerichte, die Hartz-IV-Leistungen seien keine Sozialhilfe, weil sie auch der Integration in den Arbeitsmarkt dienen. Das sah der EuGH nun anders. Auch beim ALG2 handele es sich um Sozialhilfe, denn „die überwiegende Funktion“ bestehe darin, „das Minimum an Existenzmitteln zu gewährleisten, das erforderlich ist, um ein Leben zu führen, das der Menschenwürde entspricht“. Außerdem stellten zahlreiche Europarechtler die Rechtmäßigkeit der EU-Ausnahmeklausel in Frage. Diese verstoße selbst gegen die EU-Verträge, in denen die Diskriminierung von EU-Bürgern generell verboten ist. Darauf ging der EuGH nun aber gar nicht ein.

Mutter und Tochter fanden immer kurzzeitig Jobs, aber meist waren sie arbeitslos

Der EuGH korrigierte auch seine eigene frühere Rechtsprechung, wonach EU-BürgerInnen „nicht automatisch“ die Sozialhilfe verweigert werden dürfe. Bei arbeitssuchenden EU-BürgerInnen sei, so der EuGH nun, keine Einzelfallprüfung erforderlich, denn die EU-Richtlinie sei bereits differenziert genug. So könnten EU-BürgerInnen, die bereits einige Monate in einem anderen EU-Staat gearbeitet haben, bis zu sechs Monate Sozialhilfe beziehen.

In einem Vorgänger-Urteil hatte der EuGH 2014 die deutsche Rechtslage schon einmal bestätigt. Dort ging es um eine Rumänin, die mit ihrem Sohn in Leipzig lebte, ohne Arbeit zu suchen. Damals entschied der EuGH, dass die deutschen Behörden EU-BürgerInnen Hartz IV verweigern dürfen, wenn diese nur nach Deutschland zogen, um „in den Genuss von Sozialleistungen“ zu kommen. Das war aber ein Sonderfall, denn die meisten arbeitslosen EU-BürgerInnen kamen nach Deutschland, um tatsächlich Arbeit zu suchen. Insofern war das jetzige Urteil, die eigentliche Grundsatzentscheidung.(Az.: C-67/14)

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