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Rezept des Tages: Chili, Koriander, Salz, Pfeffer, Zucker, ein AlienWer braucht schon Heuschrecken?

Wir retten die Welt

von Hannes „Grille“ Koch

Wie Revolutionäre müssen auch Weltretter raus aus den vorgespurten Bahnen und Hängematten des Alltags. Wie sagte Heinz Erhardt? „Es darf kein Äußerstes geben, zu dem wir nicht entschlossen wären, und keine Lauer, auf der wir nicht lägen.“ Mal was Unorthodoxes ausprobieren, querdenken, zum Beispiel Insekten essen.

Zophobas etwa, die Larven des in Mittel- und Südamerika lebenden Schwarzkäfers. Die sehen aus wie feiste Regenwürmer mit schwarzem Kopf. Wenn die Larve sich zum Käfer wandelt, ähnelt sie dem Alien aus Ridley Scotts gleichnamigen Horrorfilm.

Gut sollen sie schmecken, die bleichen, weichen Kriecher. Erdig oder auch nach Ei. Die Köche der ostdeutschen Restaurantkette Espitas braten sie in Öl an und würzen sie mit einer Mischung aus Chili, Koriander, Salz, Pfeffer, sowie braunem Zucker. Dazu werden Dips aus Avocado gereicht.

Zu behaupten, Insektenessen läge im Trend, wäre übertrieben. Aber zur Zeit spielte das Thema auf der Weltausstellung in Mailand eine gewisse Rolle. Einer Firma in New York ist es angeblich gelungen, über eine Million Dollar Risikokapital einzusammeln, um Proteinriegel für Sportler auf der Basis von Grillen-Mehl herzustellen. Die Welternährungsorganisation FAO empfiehlt, mehr Heuschrecken, Mehlwürmer und andere der 1.900 essbaren Insektenarten auf die Speisepläne zu setzen. Schließlich müssen bald zehn, elf Milliarden Erdenbewohner ernährt werden, ohne den letzten Regenwaldbaum für Acker- und Weideflächen abzuholzen.

Die Insektenzüchter, von denen es noch nicht viele gibt, schicken die Tierchen teilweise lebend an die Restaurants. Dort werden sie tiefgefroren. Zuerst denken die Würmchen: Aha, es wird Winter, und verfallen in die jahreszeitlich angemessene Starre. Dauert der Frost dann zu lange, sterben sie, worauf sie gebraten werden. Im Vergleich zum Gemetzel an Zehntausenden Schweinen, Rindern und Hühnern in den Schlachthöfen mag man das als gnädigen Tod bezeichnen. Auch unter Tierschutzaspekten könnten Insektenmahlzeiten deshalb erwägenswert sein.

Weitere Argumente, die vielleicht gottesfürchtige Vegetarier zum Umdenken bewegen: Schon in der Bibel grassieren die Heuschrecken als Plage. Im wirklichen Leben fressen sie den Menschen ebenfalls die lieben Pflanzen weg. Außerdem braucht der ganze Sojakram, die Leibspeise der Veganer, zum Wachsen jede Menge Platz. Insekten hingegen leben gerne von Abfällen. Der perfekte Kreislauf.

Ein Hinweis für Entwicklungspolitiker: Insekten aus Afrika könnten ein neues Exportprodukt werden. Kommt der nächste Heuschreckenschwarm, einfach große Netze aufstellen, einsacken, fertig ist der Sonntagsbraten für Europa. Afrika käme groß raus. Was beim Solarstromprojekt Desertec nicht geklappt hat, sollte hier gelingen. Und linke Kapitalismuskritiker wollten Heuschrecken doch schon immer loswerden.

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