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„Es gibt ja Gesetze“

Pro Juanita Henning vom Prostituiertenverein Doña Carmen begrüßt den AI-Beschluss

Juanita Henning

ist Sozialarbeiterin und Mitbegründerin der seit 1998 bestehenden Prostituiertenberatungsstelle Doña Carmen in Frankfurt a. M.

taz: Frau Henning, Amnesty International will sich künftig dafür einsetzen, die Prostitution zu entkriminalisieren. Eine gute Idee?

Juanita Henning: Das fordert die Hurenbewegung schon lange, dass die Sonderparagrafen im Strafrecht abgeschafft werden. Wir können dem nur zustimmen.

Müssen Frauen dann nicht befürchten, noch weniger geschützt zu sein als bisher?

Nein. Kriminalisierung bedeutet doch, dass die Logistik zerstört wird – also dass die Prostituierten keine legalen Orte haben dürfen, an dem sie ihre Arbeit machen können, keine Bordelle, keine Häuser. Wenn es dazu kommt, dass die Frauen bei ihrer Arbeit Probleme haben, dann gibt es ja die bestehenden Gesetze, auf die sie zurückgreifen können, sie brauchen keine Sonderparagrafen. Frauen sind sehr wohl in der Lage, selbst zu entscheiden, wann und ob ihnen Unrecht getan wird.

Die GegnerInnen einer legalisierten Prostitution warnen aber davor, Straffreiheit führe zum Beispiel dazu, dass Frauen verstärkt von Menschenhändlern missbraucht werden.

Das ist Unsinn. Seitdem das neue Prostitutionsgesetz 2002 in Kraft getreten ist, hat sich die Situation deutlich verbessert. Es gab in den letzten Jahren nur vier Gerichtsurteile im Zusammenhang mit der Ausbeutung von Prostituierten. Die Fälle von Menschenhandel sind absolut zurückgegangen. Wir brauchen keine Sonderparagrafen. Es ist nicht im Interesse der Frauen, dass die Leute, die ihnen die Bordelle und die Arbeitsmöglichkeiten stellen, kriminalisiert und stigmatisiert werden. Seitdem die Förderung der Prostitution in Deutschland nicht mehr strafbar ist, haben sich die Bedingungen deutlich verbessert – die Bordelle sind sauberer, Hygiene ist besser, was vorher alles unmöglich war. Frauen brauchen Rechte und keine Kriminalisierung ihres Umfeldes.

Jutta Lietsch Jutta Lietsch

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