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„Als Heldin gefeiert“

VORTRAG Frauen auf See hatten es im späten 19. Jahrhundert schwer – besonders in Deutschland

Ursula Feldkamp

63, arbeitet im Deutschen Schiffahrtsmuseum Bremerhaven und promovierte über Frauen in der Segelschifffahrt

taz: Frau Feldkamp, Sie haben über Frauen in der historischen Seefahrt geforscht. Bringen die nicht Unglück?

Ursula Feldkamp: Das ist tatsächlich schon seit der Antike ein großes Vorurteil. Die Frau als Unglücksbringerin in Gestalt von „Wetterhexen“ etwa findet sich in der mittelalterlichen Hexenverfolgung ebenso wie in der klassischen Literatur – bei Shakespeare. Auch im 19. Jahrhundert galten Frauen an Bord als Unglücksbringerinnen, allerdings vermischt mit auch rationalen Befürchtungen.

Was waren das für welche?

Frauen auf See haben für die Mannschaft tatsächlich Mehrarbeit bedeutetet. Schon wenn sie an Bord kamen, mussten drei Planken statt einer ausgelegt werden. Aber nicht wegen weiblicher Bequemlichkeit, sondern weil die Kleiderordnung Frauen in ausladende Röcke zwang. Außerdem hatten Männer natürlich auch Angst, dass Frauen zu Hause erzählen würden, was in den fremden Häfen so alles getrieben wurde. Zwischengeschlechtliche Spannungen finden sich in vielen biografischen Quellen wie Briefen, Tagebüchern oder Zeitungsartikeln.

Und die stellen Sie heute vor?

Es geht beispielhaft um Margaretha Meinders aus Papenburg: Sie ist 1890 als Kapitänsfrau eigentlich nur mitgesegelt. Als eine schwere Krankheit in der Mannschaft ausbrach, hat sie nicht nur die Kranken gepflegt, sondern auch seemännische Arbeit geleistet und sogar navigiert. Bei der Ankunft in Aus­tralien wurde sie dort als Heldin gefeiert. Zu Hause in Papenburg erschien derweil nur ein 12-Zeiler in der Lokalpresse.

War es für Frauen auf See in Deutschland schwerer?

Schwierig war es überall. Frauen, die nach dem Ersten Weltkrieg professionell zur See fahren wollten, wurden auf den Schiffen nicht angenommen und kamen höchstens als Mann verkleideten oder als blinde Passagiere an Bord. In Deutschland kam die nationalsozialistische Ideologie hinzu. Der Seemann wurde von den Nazis, stärker noch als in der Kaiserlichen Marine, zum soldatischen Männer­ideal stilisiert. Frauen hatten da nichts zu suchen.

Wie ging es danach weiter?

Es hat lange gedauert, bis sich die gesellschaftliche Praxis in offiziellen Ausbildungsabschlüssen niedergeschlagen hat. Obwohl Frauen schon im 19. Jahrhundert zur See gefahren sind, erhielt erst 1961 die erste Frau in Deutschland ihren Matrosenbrief. Und es war eine Frau, eine Reederin, die 1977 den ersten Frauen die notwendige praktische Ausbildung für Offiziersanwärterinnen ermöglichte. Reeder ließen Frauen nicht aufs Schiff, obwohl sie die Seefahrtschule besuchten. Unglaublich.

Interview: Jan-Paul Koopmann

Samstag, 11 Uhr, Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5

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