: Bremen darf nicht mehr helfen
Jesiden-Asyl
Sie sitzen fest im Nord-Irak: zwei alleinstehende, volljährige Töchter eines Jesiden, der mittlerweile in Bremen lebt. Eigentlich ist es politischer Wille in Bremen, die beiden, und andere in gleicher Situation, dort rauszuholen: raus aus dem Flüchtlings-Camp, weg von den Kämpfern des selbsternannten „Islamischen Staates“.
Um möglichst viele Angehörige religiöser Minderheiten vor den IS-Greueltaten in Sicherheit zu bringen, hatte die Bremische Bürgerschaft im September 2014 beschlossen, den rechtlichen Spielraum beim Familiennachzug möglichst auszunutzen. Auch jenen, die wie die beiden jesidischen Töchter wegen ihrer Volljährigkeit nicht mehr zur „Kernfamilie“ zählen, wollte man zu einem Visum verhelfen – wegen „außergewöhnlicher Härten“. So steht es auch im Gesetz.
Bei zehn Menschen hat das bislang geklappt – ein überschaubarer Effekt, für die Einzelnen aber eine Lebensrettung und ohnehin: eine humanitäre Geste. Zu viel des Guten aber anscheinend für das Bundesinnenministerium (BMI): Wie die taz aufdeckte, schickte das BMI Anfang Juni eine Rüge nach Bremen. „Außergewöhnliche Härten“, die für einen Familiennachzug für alle anderen außer Ehegatten und minderjährige Kinder nötig seien, müssten sich immer auf die Familien selbst beziehen, heißt es in dem Schreiben. „Ein bewaffneter Konflikt, der unzweifelhaft für alle Betroffenen eine Härte begründet, erfüllt die Voraussetzung der Familienbezogenheit allerdings nicht“, erklärte das BMI auch der taz.
Bremen, so erfährt man von Behörden-Insidern, wolle sich dem BMI nicht beugen. Aus dem Innenressort heißt es: Man kenne die Gesetzte und werde „im Rahmen der Möglichkeiten die Fälle auch künftig bewerten und prüfen.“
Den beiden Jesidinnen aus dem Irak allerdings wurde der legale Weg nach Bremen von der Ausländerbehörde erst vor kurzem mit Verweis auf das Schreiben des BMI verwehrt. Der Anwalt ihres Vaters, Albert Timmer, hält die Ansagen der Bremer Behörden daher für heiße Luft. Und auch die rechtliche Bewertung des BMI zieht er in Zweifel. Für „familienbezogene Härten“ sei durchaus auch die Situation in dem Herkunftsstaat relevant.
Doch schon normale Familiennachzüge seien schwierig. Das deutsche Generalkonsulat in Erbil nämlich stellt seit kurzem keine Visa an Privatleute aus – die Mitarbeiter waren vom Andrang überfordert. jpb
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