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LIEBESERKLÄRUNGTotila

DER WUNDERHENGST, DEM TÄGLICH ZARTE PFLEGERHÄNDE EINEN ABNUDELTEN, ER GEHT IN RENTE – UND WIRD RASSISTISCH DISKRIMINIERT

Paul Schockemöhle, der einst zusammen mit Josef Neckermann „für Deutschland“ ritt, ist ein Münsterländer Eier-Großhändler, der ein nach ihm benanntes Gestüt besitzt und eine nach ihm benannte Spedition, die er mit dem Spruch bewirbt: „Schlüsselbegriffe wie ‚Just-in-time‘ oder ‚Outsourcing‘ stehen dabei im Vordergrund.“

Jetzt hat er seinen für 10 Millionen Euro gekauften Hengst „Totila“ outgesourct; in dem Sinne, „dass sich der Hengst zurückzieht“, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, die uns jedoch beruhigt: „Schockemöhle kann das finanziell verschmerzen.“ Gleichzeitig erinnert die SZ aber daran, dass der berühmte „Spring­reiter“ als „Ausbilder und Geschäftsmann“ zwei Mal „vor Gericht“ stand: wegen Tierquälerei und Steuerhinterziehung.

Darum geht es aber gar nicht: sondern, ob Totila, der „Millionenhengst“, als „größter Tänzer der Dressur-Welt“ das alles verschmerzen kann? Man darf nicht vergessen, ein Pferdepfleger mit einer besonders feinen, zarten Hand hatte ihm bis vor Kurzem noch täglich einen runtergeholt. Der aufgefangene Samen – gut für die Befruchtung von 200 Stuten in aller Welt – brachte Schockemöhle über 1,5 Millionen Euro jährlich ein. Die SZ spricht nun vom „Karriere-Aus“ des „Wunderpferds“ – wegen einer „mysteriösen Sportverletzung“: Aber deswegen kann der Hengst doch weiter Samen spenden! Auch mit einem verletzten Knie.

Nein, kann er nicht: Das Geheimnis der Zoologie ist der Münsterländer Bauernadel – soll heißen: Pferdezüchter sind die größten Rassisten! Ein Verdacht, den bereits der schleswig-holsteinische Milchbauer Mathias Stührwoldt in einer taz-Kolumne äußerte. Der Hengst muss permanent in „wichtigen Wettbewerben“ antanzen, weil seine Siege automatisch dem Samen zugute kommen, ihn quasi anreichern. Die Saudis waren immer ganz wild danach – obwohl „Darwin“ ja bei ihnen verboten ist. Helmut Höge

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