piwik no script img

Sonntags geht es um die Existenz

Kommentar

von Malene Gürgen

zum Verkaufsverbot für Spätis

Nein, es geht nicht nur um den Tourismus, um das Berlin-Image, das auch davon lebt, dass man sich jederzeit und überall ein Bier kaufen kann, um es dann im Park, in der Bahn oder im Gehen auf der Straße zu trinken. Diese KonsumentInnenfreiheit allein wäre kein Argument gegen das sonntägliche Verkaufsverbot für Spätkaufläden, das ja wie alle anderen Regelungen der Ladenöffnungszeiten auch dem Schutz der ArbeitnehmerInnen dient. Wer froh ist, am Wochenende nicht arbeiten zu müssen, sollte auch damit leben, nicht immer alles kaufen zu können.

Zweierlei Maß

Trotzdem ist das Verkaufsverbot ein Problem: weil es die wirtschaftliche Existenz der Spätkaufläden gefährdet, deren Konzept ja gerade darin besteht, dann geöffnet zu haben, wenn andere Läden zu sind. Und weil hier mit zweierlei Maß gemessen wird: Während die starke Einzelhandellobby durchgesetzt hat, dass die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage in Berlin fast doppelt so hoch ist wie in anderen Bundesländern, haben die kleinen Spätis das Nachsehen.

Problematischer noch als das Verbot an sich ist seine Umsetzungspraxis: Während das Ordnungsamt in den meisten Bezirken ein Auge zudrückt, macht ein einzelner Polizist den Neuköllner Spätis die Hölle heiß. Dessen Arbeitsmoral in allen Ehren – aber eine solche Ungleichbehandlung ist nicht fair, mal abgesehen von der Frage, warum die Polizei ausgerechnet im ach so kriminellen Neukölln Zeit für die Kontrolle der Ladenöffnungszeiten hat.

Über 1.000 Spätis gibt es in Berlin, viele übernehmen mehr Funktionen als die einer Verkaufsstelle – Neuköllner Verhältnisse wünscht man ihnen nicht.

Bericht

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen