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„Man braucht eine ganze Menge Geduld“

Taz-Sommerserie Trendsportarten (8) Viele Füße, ein Ball und doch kein Fußball – Footbag ähnelt eher dem Tennis. Was eine komplette Spielerin auszeichnet, erzählt Heike Koller

„Es tut nicht wirklich weh“: Heike Koller beim Spielen von Footbag Foto: Karsten Thielker

Interview Ronny Müller

taz: Frau Koller, wie viele ­Footbags haben Sie bei sich zu Hause?

Heike Koller: 15 bis 20, aber das sind nicht meine, die gehören dem Verein.

Was fasziniert Sie an den nicht mal faustgroßen, mit Granulat gefüllten Bällen?

Ich kann das gar nicht sagen. Ich hab mit 14 Jahren auf dem Schulhof mit Hacky Sack angefangen, mir den Ball mit Freunden zugespielt. Fußbälle finde ich persönlich ein bisschen zu groß, und jeder, der schon mal einen Fußball aus großer Höhe mit dem Kopf angenommen hat, müsste von selber auf die Idee kommen, dass die zu groß sind.

Aber die kleinen Footbags schmerzen doch bestimmt auch, wenn sie sehr schnell angeflogen kommen.

Es tut nicht wirklich weh. Vielleicht aufs Auge, das tut dann ein bisschen weh. Aber es hatte noch nie jemand ein blaues Auge, es hat auch noch nie jemand geblutet.

Footbag oder Hacky Sack – was ist die korrekte Bezeichnung?

„Hacky Sack“ hat sich jemand als Handelsmarke eintragen lassen, und wir dürfen das nicht mehr sagen als Namen für die Sportart oder für den Ball.

Also fortan Footbag.

Genau.

Heike Koller

34, stammt aus Steglitz und arbeitet als Deutschlehrerin. Über Fußball und die asiatische Ballsportart Sepak Takraw ist sie 2009 zu Footbag gekommen.

Was stellen Sie mit diesem Footbag an?

Wir spielen übers Netz mit den Füßen. Alles oberhalb vom Knie ist schon Aus, ist ein Punkt für die anderen. Man darf den Ball nur mit den Füßen berühren – beim Doppel, zwei gegen zwei, nur einmal, dann muss ihn der andere spielen, also ich-du-ich oder du-ich-du. Im Single, also eins gegen eins, hat man zwei Kontakte, also Annehmen und Rüberspielen.

Diesen kleinen Ball nur mit den Füßen zu spielen klingt schwierig. Footbag zu lernen ist nichts für ungeduldige ­Typen, oder?

Nee, man braucht eine ganze Menge Geduld, im Gegensatz zum Volleyball beispielsweise. Da kannst Du sofort mitspielen. Wenn Du eine Gruppe von Anfängern hinstellst, die kriegen das schon irgendwie hin. Aber wenn Du das bei Footbag machst, da läuft einfach gar nichts.

Was verlangt Footbag von seinen SpielerInnen?

Technik, Konzentration – eigentlich weiter nichts. Man muss nicht besonders groß sein, nicht besonders stark, nicht mal besonders schnell.

Aber besonders beweglich. Ja gut. Man kann auch einfach nur groß sein, dann hebst du nur den Fuß hoch und bist schon über dem Netz. Oder man ist klein, unbeweglich und hat eine große Sprungkraft. Man kann auch das eine mit dem anderen kompensieren.

Fühlen Sie sich als Footbag­spielerin dem Fußball näher oder der Artistik? Das Ganze sieht von außen sehr artistisch aus.

„Footbag ist elegant. Man ist höflich“

Heike Koller

Eher dem Tennis. Von den Abläufen her ähnelt es dem am meisten – oder dem Beachvolleyball. Fußball ist ein völlig anderes Universum. Auch wegen dem direkten körperlichen Kontakt beim Fußball, das gefällt mir nicht. Footbag ist wesentlich eleganter, man geht einander aus dem Weg, man ist höflich und entschuldigt sich. Da erinnert es auch mehr an Tennis als an Fußball

Wenn man mit Footbag anfängt, wie lange dauert es, bis man halbwegs mithalten kann?

Das hängt davon ab, wie oft du trainierst und ob du vorher schon irgendwelche Ballsportarten betrieben hast. Es dauert auf jeden Fall eine Weile und ist eher in Jahren zu berechnen als in Monaten.

Wenn das so schwer zu erlernen ist, ist Footbag wohl eher eine fast familiäre Angelegenheit?

Total. Wenn bei einer Weltmeisterschaft einer am Netz steht, den ich nicht kenne, wundere ich mich schon. Es ist wirklich sehr überschaubar.

Was ist die größte Genugtuung für Sie als Footbagspielerin?

Footbag – kurz und knapp

Worum geht‘s? Bei Netz-Footbag spielt man im Eins-gegen-eins oder Zwei-gegen-zwei einen kleinen, mit Granulat prall gefüllten Ball. Man spielt mit dem Fuß über ein Netz. Erreicht der Gegner den Ball nicht, hat man einen Punkt gewonnen.

Wer ist schon dabei? Die Footbag-Gemeinde ist klein. Beim Berliner FC Footstar spielen etwa 20 Frauen und Männer Netz-Footbag.

Wo geht‘s ab? Am besten auf Rasen, im Winter in der Halle.

Was braucht es? Eine Spiel­feldbegrenzung vom Badminton, ein Netz und einen Footbag.

Was bringt‘s? „Lebensfreude und innere Gelassenheit“, sagt die Spielerin Heike Koller. Für alle anderen sieht es einfach cool aus.

Wenn ich irgendetwas schaffe, was ich vorher noch nicht konnte. Wenn ich mir etwas erarbeitet habe, das mir dabei hilft, eine komplette Spielerin zu werden.

Was zeichnet eine komplette Spielerin aus?

Man muss auf jeden Fall beide Füße vernünftig benutzen können, und das ist genau das Problem. Jeder hat einen stärkeren und einen schwächeren Fuß, von Natur aus.

Hat es Ihnen außerhalb des Sports schon mal was genutzt, dass Sie mit beiden Füßen gut umgehen können?

Das nicht. Aber manchmal fallen Sachen runter, und ich fange sie mit dem Fuß auf. Nur blöd, wenn‘s eine Gabel ist und man keine Schuhe trägt.

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