Riskante Energiewende: Angst vor einem Millionengrab

Eine Bürgerinitiative verlangt vom Bremer Senat, das neue Schwerlastterminal nicht öffentlich zu finanzieren.

Das geht heute schon: Anlagenteile des Herstellers Areva vor der Verschiffung in Bremerhaven. Foto: dpa

BREMEN taz | Gegen den Plan des rot-grünen Bremer Senats, Bremerhaven mit viel öffentlichem Geld zu einem Zentrum der Offshore-Windenergie zu machen, regt sich zaghafter Widerstand. Eine kleine Initiative hat auf der Website der bremischen Bürgerschaft eine Online-Petition dagegen gestartet, die seit Montag von knapp 300 Leuten unterzeichnet worden ist. Die Debatte wird befeuert durch die kürzlich bekannt gewordene Entscheidung von Siemens, die Maschinenhäuser seiner Windkraftanlagen in Cuxhaven zusammenbauen zu lassen.

Der Senat plant, an der Weser südlich von Bremerhaven einen Schwerlastterminal zu bauen, von dem aus die Errichterschiffe zu den Windpark-Baustellen auf See fahren sollen. Für das Projekt sind 180 Millionen Euro veranschlagt. Der Versuch ist gescheitert, private Unternehmen zu finden, die den Bau und Betrieb dieses „Offshore Terminals Bremerhaven“ (OTB) auf eigene Rechnung finanzieren. Trotzdem hält die bremische Bürgerschaft über alle Fraktionen hinweg an dem Plan fest.

Die Online-Petenten um den Bremer Unternehmer Ingo Oehlkers finden, angesichts seiner hohen Verschuldung dürfe sich der Stadtstaat Bremen nicht auf ein solches Wagnis einlassen. Die Auslastungsprognosen seien realitätsfremd, weil das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Windenergieausbau Offshore deckele. Zu den versprochenen Neuansiedlungen habe der Senat keine Vertragsabschlüsse vorgelegt. Außerdem lägen „keine unabhängigen Gutachten vor, welche eine wirtschaftliche Sinnhaftigkeit belastbar darstellen“.

Dabei hatte der Senat im Frühjahr die Firma Planco beauftragt, eine ältere Prognose-Studie zum Marktpotenzial eines Offshore-Terminals auf Plausibilität zu prüfen. Die Gutachter schlagen vor, die Chance zu nutzen, dass zwei der fünf Windturbinenhersteller Europas bereits in Bremerhaven sitzen. Diese müssten gepäppelt werden, um im härter werdenden Wettbewerb zu überleben. In einem „optimistischen Szenario“ würden zwischen 2020, wenn der Terminal fertig ist, und 2025 „nachhaltige Ansiedlungseffekte wahrscheinlich“.

Bis 2020 soll der Offshore-Terminal Bremerhaven fertig sein.

Der Kai wäre auf sehr schwere Lasten ausgelegt. Hier würden Komponenten von Windrädern zusammengeführt.

Am seeschifftiefen Wasser sollen zwei bis drei Errichterschiffe liegen können.

25 Hektar groß soll der Terminal sein. Dazu kämen 200 Hektar für Ansiedlungen,Erweiterungen.

Aus der Sicht eines potenziellen Betreibers sieht das die Firma Buss Port Logistics weniger optimistisch. „Für uns ist es nicht rentabel, das aufzubauen“, sagt Sprecherin Karin Lengenfelder. Der Bedarf sei nicht gegeben. Die aus Sicht von Buss konkurrierenden Häfen Eemshaven, Bremerhaven, Cuxhaven und Esbjerg könnten bis zu 1.100 Windkraftanlagen pro Jahr verschiffen. Nach den derzeitigen Planungen würden in deren Einzugsgebiet bis 2030 aber höchstens 630 gebaut.

Weil die teuren Errichterschiffe nicht so weite Wege zurücklegen sollen, bezieht Buss anders als Planco nur die Seegebiete der Niederlande und Deutschlands ein aber nicht den großen Markt Großbritanniens. Jan Rispens vom Cluster Erneuerbare Energien Hamburg erklärt sich die Zurückhaltung privater Investoren mit der Novelle des EEG. Zum einen wegen der Herabsetzung des Ausbauziels, zum anderen weil sie ab 2016 die Windparkprojekte ausschreiben will, wobei die Details noch unklar sind. „Es ist nicht möglich zu sagen, man braucht so und so viele Terminalflächen“, sagt Rispens.

Uwe Knickrehm von der Arbeitsgemeinschaft Offshore-Windenergie hält die Position des bremischen Senats für „standortpolitisch nachvollziehbar“. Sie setze aber in der Bundespolitik „die Einsicht voraus, dass der Ausbau der Offshore-Windenergie Sinn macht“. Hinter das Ziel 15.000 Megawatt 2030 dürfe die Bundesregierung nicht zurückfallen.

Der Bremer Ökonom Rudolf Hickel dagegen hegt Zweifel: Es sei nicht gewiss, dass die beiden Turbinenhersteller in Bremerhaven blieben. „Meine Sorge ist, dass der OTB bezogen auf die Arbeitsplätze zur großen Enttäuschung führt“, sagt Hickel. Er regt an, bisherige Potenziale zu bündeln und möglicherweise eine kleinere Lösung zu finden.

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