Asylpolitik

Bayern und Baden-Württemberg wollen Sonderlager für Flüchtlinge
aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten auf dem Balkan schaffen

Ein Kuhhandel mit Grundrechten

Flüchtlinge CDU und CSU fordern den Bund auf, Albanien, Kosovo und Montenegro als „sicher“ einzustufen. Städtetag warnt vor Panikmache

„Einen Kollaps sehe ich nicht auf uns zukommen“

Städtetag-Geschäftsführer Stephan Articus

BERLIN taz/dpa | Zehn Monate nachdem Bund und Länder Serbien, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt haben, soll diese Liste nun länger werden. Zunächst hatte Bayern den Bund aufgefordert, Albanien, Kosovo und Montenegro als „sicher“ einzustufen. Darüber sei zu prüfen, „ob weitere, insbesondere afrikanische Staaten in diese Liste aufgenommen werden können“, so die bayrische Landesregierung in einem Beschluss vom 20. Juli. Am Dienstag forderte auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), Albanien, Kosovo und Montenegro möglichst schnell zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Kurz zuvor hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine (BAMF) erklärt, eine solche Maßnahme hätte „einen dämpfenden Effekt bei der Einwanderung“.

Bis einschließlich Juni stammten etwa 50.000 der insgesamt rund 160.000 Menschen, die in Deutschland einen ersten Asylantrag stellten, aus Albanien, dem Kosovo oder Montenegro.

Kritik an der Einstufung von Herkunftsländern der Flüchtlinge kam von den Grünen. „Herkunftsländer können nicht einfach nach politischer Laune für sicher erklärt werden“, erklärte ihr Innenexperte Volker Beck. Am Montag hatte sich SPD-Vize Thomas Schäfer-Gümbel offen für eine Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten gezeigt. Zugleich hatte er die Union aufgefordert, sich beim von der SPD gewünschten Einwanderungsgesetz zu bewegen. „Das ist ein Kuhhandel mit Grundrechten“, erklärte Beck. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann signalisierte hingegen Zustimmung.

Der Deutsche Städtetag wandte sich derweil gegen eine Dramatisierung der Lage in den Kommunen. „Es wird vor Ort immer schwieriger, die Provisorien werden häufiger, aber einen ­Kollaps sehe ich nicht auf uns zukommen“, sagte Städtetag-Geschäftsführer Stephan Ar­ticus.

Articus reagierte auf Äußerungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der angesichts des Anstiegs der Flüchtlingszahlen intern angeblich vor einem „Kollaps“ des Aufnahmesystems für Asylbewerber gewarnt hatte. „Wir sind ein Land mit sehr viel Potenzial, auch ungewöhnliche Situationen zu meistern. Panikmache hilft dabei nicht, das sieht der Bundesinnenminister sicher genauso“, sagte Articus. Es gelte weiterhin, dass die Städte bereit seien, Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten und politisch Verfolgte aufzunehmen.

Christian Jakob

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