: „Konservative Kampagnen“
Aufklärung Viele Eltern haben zu Unrecht Angst vor der Pädagogik der sexuellen Vielfalt
71, ist Vorstandsvorsitzender und Mitbegründer der Stiftung Akademie Waldschlösschen in Gleichen bei Göttingen.
taz: Herr Marbach, Sie sind Vorsitzender der Stiftung Akademie Waldschlösschen – was ist das für eine Einrichtung?
Rainer Marbach:Das Waldschlösschen ist eine alternative Bildungseinrichtung, die vor 35 Jahren aus der Schwulenbewegung heraus entstand. Zielsetzung damals war es, die bundesweite Vernetzung von Initiativen zu fördern.
Nimmt das Waldschlösschen noch mehr Aufgaben wahr?
Ja, und zwar die Qualifizierung von haupt- und ehrenamtlichem Engagement. Anfangs geschah das noch autonom. Seit den 90er Jahren werden wir zunehmend mit Projektfördermitteln aus öffentlichen Geldern unterstützt. Wir bieten vielfach Tagungen und Tagesseminare an.
Zu welchen Themen?
Einerseits sind es Vernetzungsthemen der Zielgruppen. Außerdem haben wir Arbeitsbereiche wie zum Beispiel schwule Lehrer, Väter und Ehemänner. Inzwischen bilden wir auch Inter- und TransberaterInnen aus. Für die gibt es akuten Bedarf.
Warum regt sich bei vielen Eltern massiver Widerstand, wenn es im Unterricht um sexuelle Vielfalt geht?
Hauptsächlich liegt das an Fehlinformationen und konservativen und rechtskonservativen Kampagnen. Diese gehen mit bestimmten Schlagwörtern gegen die Integrierung der Pädagogik sexueller Vielfalt in Schulen vor.
Worum geht es bei dieser Pädgogik?
Um selbstbestimmten, gewaltfreien und anerkennenden Umgang mit sexuellen Gefühlen.
Und wie wird dagegen argumentiert?
Mit dem unsinnigen Kampfbegriff der „Frühsexualisierung“ und mit Kampagnen gegen Frühaufklärungsprojekte. Dabei gehen Schwule, Lesben oder Transsexuelle in Schulen und unterrichten die Kinder. Viele denken absurderweise, dass die Kinder dadurch verführt werden. In Wirklichkeit stecken hinter den Kampagnen politische Konzepte.
Nämlich?
Es ist die generelle Linie, die Konservativen nicht passt. Das Kinder Vielfalt als Option kennenlernen und sie einschätzen können, ist politisch nicht gewollt.
Interview Robin Grützmacher
Podiumsdiskussion „Sexuelle Vielfalt“ im Rahmen der Pride Week. 19.30 Uhr, Pride House, An der Alster 40. Mehr unter www.hamburg-pride.de
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