: Dschihad vor Gericht
Unterstützer-Prozess
Festgenommen wurden sie in einer Einfamilienhaus-Gegend im Wolfsburger Stadtteil Reislingen. Integriert seien sie gewesen, die beiden Männer, die sich ab Montag wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor dem Celler Oberlandesgericht verantworten müssen: Freunde hätten sie gehabt, sagte Yilmaz Kilic, der Landesvorsitzende der Türkisch-Islamischen Union (Ditib), auch das Umfeld: unauffällig.
Die Moschee unweit des Bahnhofs, wo die Männer wohl für den bewaffneten Kampf der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) rekrutiert wurden, sei ein Gebetshaus für türkisch- und tunesischstämmige Muslime aus der eher älteren Generation von VW-Arbeitern. Eine stinknormale Moschee, sagt der Verfassungsschutz.
Der 2011 aus Tunesien eingereiste Yassin O., der in Wolfsburg und Braunschweig für den IS warb und von seinen Anhängern „der Scheich“ genannt wurde, soll die beiden Angeklagten im Frühjahr 2014 mit Argumenten wie diesem vom bewaffnetem Kampf überzeugt haben: Wer leidenden Muslimen in Syrien nicht helfe, sei ein „Kuffar“, ein Ungläubiger. Allein aus Wolfsburg sollen sich laut Verfassungsschutz mindestens 20 Dschihadisten auf den Weg in den Nahen Osten gemacht haben. Bundesweit sollen es mehr als 700 sein.
Der Prozess wird in Celle jetzt den 26 und 27 Jahre alten Deutsch-Tunesiern gemacht. Der ältere der beiden soll sich nach einer mehrwöchigen Ausbildung an der Waffe mehrmals an militärischen Offensiven des IS sowie Kämpfen um die syrisch-irakische Grenzstadt Bukamal beteiligt haben. Er muss sich deswegen auch wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verantworten. Der 26-Jährige soll einen Selbstmordanschlag im Irak angekündigt haben. Weil einige IS-Mitglieder verhaftet worden seien, habe er sein Vorhaben nicht ausführen können.
Niedersachsens Behörden haben Wolfsburg seit Langem als Zentrum radikaler Islamisten auf dem Zettel. Laut Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat sich dort in den vergangenen Jahren ein besonderer Schwerpunkt der salafistischen Szene entwickelt. ILK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen