Portrait: Auf besonderer Fahrt
Am 14. Juli war Ingo Werths erster Einsatz auf dem Mittelmeer beendet. Mit Sicherheit war es jedoch nicht sein letzter als Schiffskapitän der „Sea Watch“, einem Schiff mit acht Leuten Besatzung, die aus Eigeninitiative Flüchtlinge an der lybischen Küste retten. Ingo Werth steckt parallel zu seiner Arbeit bereits „voll in der Planung für das nächste Auslaufen“.
Segeln, Schiffe und Meer waren bei dem 56-Jährigen schon immer angesagt. Mit dem Bootsführerschein angefangen, trieb ihn seine Motivation, sich immer weiter zu qualifizieren bis zum Hochseeschiffer-Schein. Der befähigt zum weltweiten Führen von Schiffen. Das Boot, das er fährt, die „Sea Watch“, ist fast 100 Jahre alt.
Als sie im März zur Wartung und Reparatur in Hamburg anlegte, fuhr Ingo Werth direkt hin und nahm Kontakt mit den Aktivisten auf. In kürzester Zeit hatte ihn das Projekt gefesselt. „Innerhalb von fünf Wochen bin ich im positiven Sinne komplett aufgesogen worden“, sagt er. Vollends in die Gruppe integriert, brach er im Mai mit sieben Crew-Mitgliedern auf, um vor der libyschen Küste Flüchtlinge zu suchen.
Eigentlich gehört Werth seit 25 Jahren eine Autowerkstatt in Bergedorf. Dort hat politisches Engagement einen großen Stellenwert. Die Mitarbeiter haben einen Verein für Unternehmen gegen Atomkraft mitgegründet, Treckerkonvois nach Gorleben unterstützt und afrikanische Flüchtlinge beherbergt. Werths Miteigentümer tragen die Rettungseinsätze mit und übernehmen seine Arbeit in der Werkstatt.
Sein privates Umfeld hat Werth ebenfalls auf seiner Seite: „Meine Tochter, meine Frau, Eltern und Freunde finden es gut, was ich mache und unterstützen mich.“
Sechs Boote mit fast 600 Flüchtlingen konnten Werth und seine Kollegen retten. Vier davon drohten zu sinken, fünf hatten einen Motorschaden. Mit Westen und Rettungsinseln half Werths Mannschaft den Flüchtlingen im Wasser. Kinder und Schwerverletzte holten sie an Bord.
Mit seinem ersten Einsatz ist er hochzufrieden: „Was wir uns vorgenommen haben, hat alles fehlerfrei geklappt, darüber bin ich sehr froh.“Robin Grützmacher
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