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Siebzehnmal doch eine rechte Tat

Opfer Nach den NSU-Morden ließ das BKA 745 Tötungsdelikte neu auf rechte Gewalt überprüfen

BERLIN taz | Immer wieder schlugen und traten die drei Männer in dem Obdachlosenheim auf den Mann aus Ruanda ein, beschimpften ihn rassistisch. Am Ende stellten Sanitäter nur noch den Tod des 55-Jährigen fest.

Der Vorfall ereignete sich im vergangenen Oktober im hessischen Limburg. Nun findet er sich in der Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) – als jüngster, offiziell anerkannter Todesfall durch rechte Gewalt.

Als Konsequenz aus dem NSU-Versagen hatten das BKA und die Länderpolizeien 2013 begonnen, 745 zumeist ungeklärte Tötungsdelikte aus den Jahren 1990 bis 2011 neu auf ein rechtes Motiv zu prüfen. Nun wurde das Ergebnis bekannt: Zu den bisher anerkannten 58 Todesopfern durch rechte Gewalt kommen 17 hinzu – allein 9 aus Brandenburg. Dazu gibt es je 3 Fälle in Sachsen und Sachsen-Anhalt, einen in Mecklenburg-Vorpommern sowie den Fall Limburg, der erst jetzt im Juni nachgemeldet wurde.

Dass gerade Brandenburg so heraussticht, hat einen Grund: Das Land ließ die Delikte als Einziges durch eine unabhängige Kommission prüfen: Prompt stiegen die Todesfälle von 9 auf 18. Unabhängige Initiativen zählen bundesweit mindestens 150 Tote. Die Opposition fordert daher auch für die anderen Länder eine externe Evaluation. „Die Polizei allein findet nichts Neues“, so die Grüne Monika Lazar.

Die Bundesregierung sperrt sich: Die Bewertung der BKA-Prüfung sei vorerst Sache der Innenministerkonferenz, heißt es dort. Ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD), derzeit Vorsitzender der Runde, sagte nur, man werde prüfen, „ob und welche Schlüsse aus dem Brandenburger Gutachten zu ziehen sind“. K. Litschko

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