: Schulschwänzer weggesperrt
Repression Seit Jahresbeginn haben schon mehr als 300 hartnäckige „Schulschwänzer“ einen Arrest wegen Schulverweigerung verbüßt. Kinderschutzbund fordert runden Tisch für zweifelhafte Arreste
Der niedersächsische Kinderschutzbund fordert einen runden Tisch zum Thema „Schulschwänzen“. Die wachsende Zahl sogenannter Schulverweigerer sei auch ein Zeichen dafür, dass im Vorfeld keine geeigneten Maßnahmen ergriffen würden, teilte der Verein mit.
„Wir müssen dafür sorgen, dass auch diese Kinder ihr Recht auf Bildung ohne Arrestandrohung und Arrestvollzug umsetzen können“, sagte der Landesvorsitzende Johannes Schmidt. Seit Jahresbeginn hätten laut Hannoversche Allgemeine Zeitung schon mehr als 300 hartnäckige Schulschwänzer einen Arrest wegen Schulverweigerung verbüßt. Im vergangenen Jahr seien es insgesamt nur 540 Schülerinnen und Schüler gewesen. In den fünf Arrestanstalten des Landes erhielten Jungen und Mädchen in der Regel jeden Tag vier Stunden Schulunterricht. Nachmittags erledigten sie handwerkliche Aufgaben.
Das Justizministerium hatte im Frühjahr angekündigt, das Jugendarrestvollzugsgesetz zu reformieren, weil zwei Drittel der jugendlichen Straftäter nach der Entlassung wieder straffällig würden. Künftig solle mehr Wert auf eine anschließende Begleitung im Alltag gelegt werden.
Nach Angaben des Kinderschutzbundes sind die Gründe für Schulverweigerung vielfältig. Dazu zählten die Angst, das Elternhaus zu verlassen, weil ein Elternteil chronisch krank sei, Angst vor Lehrern oder Mitschülern, Vermeidung von Leistungsdruck, Mobbing oder bei hochbegabten Jugendlichen auch Langeweile und Unterforderung. Schulverweigerer seien gleichzeitig auch stärker gefährdet als andere Jugendliche, was Rausch-Trinken und Suizidversuche angehe.
„In Deutschland als nahezu einzigem Land mit rigider Schulpflicht sollte sich Niedersachsen mehr als Land verstehen, in dem Kinder ausreichend Unterstützung finden“, so Schmidt. Um zweifelhafte Jugendarreste zu vermeiden, forderte er einen runden Tisch. (epd)
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