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Indiens Expräsident und „Raketenmann“ gestorben

Nachruf Der frühere Präsident APJ Abdul Kalam war bei Nationalisten von rechts bis links beliebt

APJ Abdul Kalam Foto: Aijaz Rahi/ap

BERLIN taz | „Indien trauert um einen großartigen Wissenschaftler, einen wundervollen Präsidenten und vor allem ein inspirierendes Individuum,“ twitterte Ministerpräsident Narendra Modi. Am Montagabend war Avul Pakir Jainulabdeen (APJ) Abdul Kalam bei einer Rede vor Studenten in Shillong (Meghalaya) zusammengebrochen. Anschließend konnte der frühere Staatspräsident nicht mehr reanimiert werden.

Der 83-Jährige, der ein begeisterter wie begeisternder Lehrer war, starb mitten in seiner Leidenschaft, Indiens Jugend zu unterrichten und zu motivieren.

Der Muslim Kalam war von 2002 bis 2007 Indiens Staatspräsident, ein eher repräsentatives Amt. Kalam selbst war kein Politiker, sondern Wissenschaftler. Als solcher war er maßgeblich an der Entwicklung des indischen Raketenprogramms beteiligt, was ihm den Spitznamen „Raketenmann“ eintrug.

1998 hatte Kalam Indiens Atomtests organisiert. Damit wurde Kalam zum Idol für Nationalisten von rechts bis links. So hatte auch die hindunationalistische Volkspartei (BJP) kein Problem mit ihm als Muslim. Vielmehr versuchte sie sich mit seiner Nominierung ein moderates Image zu geben. Auch die oppositionelle Kongresspartei nominierte Kalam als Präsidenten.

Er verkörperte den indischen Traum vom Aufstieg und redete entsprechend: „Wir müssen denken wie eine Nation von einer Milliarde Menschen und nicht wie eine von einer Million,“ sagte er einmal.

Kalam stammte von einer Insel vor der Küste des südlichen Tamil Nadu, sein Vater besaß dort mehrere Boote, die er an Fischer vermietete. Der Junge verkaufte zunächst Zeitungen, doch gelang ihm über Bildung der Aufstieg an Universitäten und Forschungsinstitute.

Kalam war stolz darauf, nie im Ausland ausgebildet worden zu sein, und hatte auch nie ein Problem damit, dass die von ihm maßgeblich mitentwickelten Raketen vor allem auf das muslimische Pakistan ausgerichtet wurden.

Persönlich blieb er bescheiden und sah mit seinen halblangen silbernen Haaren, die er auch auf Drängen der Regierung nicht abschneiden wollte, aus wie ein Popstar in den frühen 70er Jahren.

Das verstärkte nur sein unkonventionelles Image. „In seiner Einfachheit lag das Geheimnis seiner Fähigkeit, mit Menschen aller Altersstufen, Klassen, Religionen und Regionen in Verbindung zu treten“, schreibt der Politiker und Autor Shashi Tharoor. Sven Hansen

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