: Ein paar Mülleimer reichen nicht
TOURISMUS Bei einer Debatte in Friedrichshain muss sich die grüne Bürgermeisterin so einiges anhören
Anfangs schmunzelt man noch über die Probleme. Aber dann spricht Willy Weiland, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands, über Businesstouristen – und einer Frau platzt der Kragen. „Um die geht’s doch nicht! Die kacken ja nicht in den Hausflur!“, ruft sie. Zum ersten Mal an diesem Abend krakeelen alle durcheinander. Es bleibt nicht das letzte Mal.
Donnerstagabend im Friedrichshainer RAW-Ambulatorium, die Bezirks-Grünen haben zur Debatte geladen: „Nächster Halt: Ballermann?“ Diskutiert werden soll das Touri-Elend aus Lärm, Gepöbel und Müll. Am Ende wird jemand sagen, der Abend sei „glimpflich“ abgelaufen. Für Willy Weiland vielleicht – aber nicht für die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann.
Dabei versucht sie von Beginn an zu beschwichtigen. Sie will den Anwohnern aus dem Simon-Dach-Kiez vermitteln: Wir tun ja was. Da gebe es die neuen Mülleimer an der Partystrecke zwischen Schlesischem Tor und RAW-Gelände und schon bald kostenlose Toiletten. Außerdem mache die BSR künftig öfter sauber. Und mit der Uni Eberswalde wolle man ein Konzept für sanften Tourismus entwickeln – wenn schon der Senat dazu nicht bereit sei.
Herrmann will nicht erleben, dass eines Tages die Rollkoffer weiterziehen und Friedrichshain-Kreuzberg wie eine abgenutzte Kulisse verlassen. „Pantomime und Schilder reichen dafür nicht, wir brauchen ein Gesamtkonzept.“ Dazu mehr Geld vom Land und einen „Hotelentwicklungsplan“, der die Zahl der Hotels und Hostels einschränkt.
Doch an diesem Abend lösen sich diese Initiativen im Anwohnerfrust auf wie in einem Säurebad. „Ihr redet euch alles schön“, rufen sie, „unsere Nerven liegen blank!“ Es sind Anwohner, die vor Lärm nicht schlafen können, denen man die erhöhten Reinigungskosten auf die Miete schlägt, die sich von Ordnungsamt und Polizei alleingelassen fühlen.
Da klingt jedes Versprechen von Herrmann wie eine Ausrede. Käme das alles nicht ohnehin zu spät? „Frau Hermann, machen Sie endlich was – und verarschen Sie uns nicht!“, fleht einer.
Willy Weiland sitzt derweil ruhig auf seinem Stuhl. „Die Touristen sind eine Minderheit, sie können nicht das Problem sein“, wiederholt er beharrlich. Für ihn ist das Problem vielmehr das Bezirksamt, das große Konzepte macht, aber die kleinen Probleme schon seit Jahren nicht zu lösen vermag. Matthias Bolsinger
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