Kolumne Fußball im Eishockeyland: Teenie Nation

Canada Day: An dem einfallslosen Namen des Nationalfeiertags merkt man, dass dieser Staat noch nicht lange auf der Welt ist.

Freuerwek in Vancouver

Happy Feuerwerk im Hafen von Vancouver am Happy Canada Day Foto: Doris Akrap

Wenn jemand in Kanada zu Begrüßung „How is your day“ sagt, ist das keine Frage. Man kann durchaus zurückfragen, aber bloß nicht als Interrogativsatz mit entsprechender Prosodie. Es muss eher klingen wie „Die schon wieder.“ Am Mittwoch aber durfte man gar nichs sagen, außer „Happy Canada Day“.

Man konnte nirgendwo hingehen, ohne auf Happy-Canada-Day-Happy-Hours hingewiesen zu werden und Happy-Canada-Day-Schnäppchen hinterhergeworfen zu bekommen. Gefeiert wird an jedem 1. Juli seit 1879 der Tag der Entstehung Kanadas durch den Britsh North America Act.

Außer in der Nörglerprovinz Quebec. Dort trifft man in der U-Bahn Einheimische, die steif und fest behaupten, der Unabhängigkeitstag wäre der 4. Juli. Tatsächlich feiern die Quebecer Querulanten den 1. Juli als „Umziehtag“, weil viele Mietverträge traditionell am 1. Juli enden.

Und so sah man an auch diesem Tag in Montréal viele Leute umziehen: Das deutsche Lager zog nach Edmonton. Ich zog mit Team USA nach Vancouver. Nach 5.000 Kilometer Prärie, endlich die Rocky Mountains und damit das ganze Land hinter sich lassen und dann in der sechsten Zeitzone, der Pazifik Ocean Time (MEZ -9) landen.

An dem bescheuerten Namen Canada Day merkt man, dass dieses Land sich noch im Stadium einer Teenie-Nation befindet. Nach Rentnerdasein klingen allerdings die politischen Kommentare dieses Tages, in denen man sich dafür lobt, weltweit das Land zu sein, dass seinen Einwanderern am wenigsten Stress bereitet und in dem sich die Eingewanderten untereinander am wenigsten streiten.

Als ich meinen neuen Vermieter frage, ob es ok sei, ihn am Canada Day zu stören, antwortet er nur „LOL“. Die Kanadier sagen über sich selbst, dass sie zwar nur das zweigrößte Land der Welt, dafür aber das langweiligste seien.

Kaum ist das Feuwerk im Hafen zu Ende, gehen deswegen auch alle wieder schnell nach Haus. Nur ein Betrunkener ruft: „Lucky you are, if you are Canadian“ und die Barkeeperin sagt wieder „How is your day“.

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Seit 2012 Redakteurin | taz am Wochenende. Seit 2008 bei der taz als Meinungs, - Kultur-, Schwerpunkt- und Online-Redakteurin, Veranstaltungskuratorin, Kolumnistin, WM-Korrespondentin, Messenreporterin, Rezensentin und Autorin. Ansonsten ist ihr Typ vor allem als Moderatorin von Literatur-, Gesellschafts- und Politikpodien gefragt. Manche meinen, sie kann einfach moderieren. Sie meint: "Meinungen hab ich selbst genug." Sie hat Religions- und Kulturwissenschaften sowie Südosteuropäische Geschichte zu Ende studiert, ist Herausgeberin der „Jungle World“, war Redakteurin der „Sport-BZ“, Mitgründerin der Hate Poetry und Mitinitiatorin von #FreeDeniz. Sie hat diverse Petitionen unterschrieben, aber noch nie eine Lebensversicherung.

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