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Hoffen auf einen fairen Moment

MIETE Das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ unterstützt eine alleinerziehende Mutter in Neukölln

Am heutigen Dienstag entscheidet sich, ob Jenny N. ihre Wohnung im Neuköllner Ortsteil Britz verlassen muss. Um 9 Uhr hat sie mit AktivistInnen des Bündnisses „Zwangsräumung verhindern“ einen Termin in der Zentrale des Wohnungsunternehmens Degewo. Für David Schuster vom Zwangsräumungsbündnis wäre dieser Termin ein schöner Anlass für einen ehrlichen Moment. Schließlich wirbt die Degewo auf ihrer Homepage mit einer ­Kampagne: „Zeig uns deinen fairsten Moment und gewinne bis 19. Juli 2015 wöchentlich 1.000,– € für deinen Kiez“, heißt es dort. Jenny N., Lehramtsstudentin und alleinerziehende Mutter einer 10-jährigen Tochter, wurde von der Degewo wegen Mietrückständen gekündigt. Bis 31. August soll sie ihre Wohnung verlassen, sonst droht eine Zwangsräumung. Deshalb hatten am Donnerstag rund 30 MietrebellInnen ein spontanes Protestpicknick in der Degewo-Zentrale abgehalten. Sie zogen erst ab, als der Verhandlungstermin vereinbart war.

Mit dabei war auch die Mieterin, die erklärte, wegen gravierender Mängel die Miete gemindert zu haben. „Dreimal habe ich schon einen Schimmelbefall gemeldet, der inzwischen meine eigene Einbauküche zerstört und meiner Tochter gesundheitliche Probleme gebracht hat.“ Das Unternehmen habe jede Kommunikation mit ihr verweigert und die Mängel nicht beseitigt, nachdem sie sich 2009 erfolgreich gegen eine Mieterhöhung gewehrt habe, moniert Jenny N.

Degewo-Pressesprecher Lutz Ackermann erklärt, dass es eine „lange und nicht immer glückliche Beziehung mit der Mieterin“ gegeben habe. Die Mietrückstände seien bereits angefallen, bevor die Mängel gemeldet wurden. Dem Ergebnis der Verhandlungen wollte Ackermann nicht vorgreifen, doch die Degewo sei an einer gemeinsamen Lösung interessiert: „Eine Zwangsräumung ist für uns immer nur dasletzte Mittel. Deshalb betreiben wir 25 Mietschuldenberatungsstellen, die Hilfestellung geben können.“

Trotzdem „gab es 2013 exakt 198 Zwangsräumungen bei Degewo-Wohnungen, im Vorjahr mussten 225 und 2011 30 Degewo-MieterInnen ihre Wohnung zwangsweise verlassen“, so Laura Berner. Sie ist Mitautorin der im April 2015 vom Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität herausgegebenen Studie „Zwangsräumung und die Krise des Hilfesystems“. Peter Nowak

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