: Lieber Arm ab als arm dran
Referendum Der griechische Finanzminister Varoufakis droht bei einem Ja mit seinem Rücktritt. Alle Verhandlungen zwischen Brüssel und Athen ruhen bis zum Sonntag
Aus Athen und Brüssel Jannis Papadimitriou und Eric Bonse
Drei Tage vor dem sonntäglichen Referendum in Griechenland hat Finanzminister Gianis Varoufakis seine politische Zukunft mit der Abstimmung über den europäischen Sparkurs verknüpft. Sollte die Griechen mit Ja stimmen, werde er von seinem Amt zurücktreten, sagte Varoufakis. Er hoffe aber auf eine Ablehnung. Auf die Frage, ob er einer Vereinbarung mit den Gläubigern ohne Schuldenerlass zustimmen würde, sagte Varoufakis: „Ich würde mir lieber den Arm abscheiden.“
Unterdessen zeigen sich Risse in der Athener Koalition zwischen der linken Syriza und der rechtsradikalen Anel. Fünf rechte Abgeordnete wollen das Nein nicht mehr mittragen. Vassilis Kokkalis, einer der Abweichler, erklärte dazu, er habe von seinen Wählern keinen Auftrag, die Banken zu schließen oder ihre Einlagen in Gefahr zu bringen. Deshalb schlage er vor, das Referendum abzusagen
Für den Freitagabend ist eine Massenkundgebung des Nein-Lagers vor dem Parlament angekündigt. Zum gleichen Zeitpunkt wollen die Ja-Befürworter ausgerechnet im Panathinaikon-Stadion in der Athener Innenstadt zusammenkommen. An diesem Ort fand 1974, nach dem Zusammenbruch der Militärjunta, das erste freie Konzert von Mikis Theodorakis statt – ein symbolischer Akt der Befreiung von dem grausamen Obristenregime.
Unterdessen plädieren immer mehr Berufs- und Arbeitgeberverbände für ein Ja. Aber auch das Nein hat starken Rückhalt: Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage sind 47,1 Prozent der Befragten für ein Ja, 43,2 Prozent bleiben beim Nein.
Die Gespräche zwischen Brüssel und Athen über einen Kompromiss zwischen Geldgebern und Griechenland sind am Donnerstag unterdessen zum Stillstand gekommen. Die Euro-Finanzminister vertagten weitere Beratungen auf die Zeit nach der Volksabstimmung.
Frankreich und Italien hatten sich zwar dafür eingesetzt, die Suche nach einem Kompromiss fortzusetzen. Doch bei einer Telefonkonferenz der Eurogruppe am Mittwochabend setzte sich Deutschland durch –seitdem herrscht das große Schweigen.
Dabei hatte Premier Alexis Tsipras zuletzt Zugeständnisse gemacht. Im Gegenzug für ein neues Hilfsprogramm mit einer massiven Entlastung bei den Schulden bot er an, fast alle Spar- und Reformauflagen zu schlucken. Bei Renten, Mehrwertsteuer und Rüstung forderte Tsipras allerdings mehr Rücksicht.
Varoufakis verlangt Schuldenschnitt
Doch darüber spricht niemand mehr in Brüssel. Umso lauter werden Drohungen ausgestoßen. Eurogruppenchef Dijsselbloem brachte am Donnerstag sogar einen „Grexit“ ins Gespräch: Bei einem“Nein sei es „sehr fraglich, ob es überhaupt eine Basis für Griechenland in der Eurozone gibt“, sagte er.
Für den Rauswurf aus dem Euro gibt es im EU-Vertrag allerdings keine Rechtsgrundlage. Er könnte nur indirekt erzwungen werden –etwa indem die Europäische Zentralbank Athen den Geldhahn zudreht. Noch ist es nicht so weit: Bis zum Referendum sollen die sogenannten ELA-Notkredite für die griechischen Banken weiterlaufen.
Allerdings wurden sie nicht erhöht, wie dies Athen beantragt hatten. Nach Meinung von Experten ist dies kein gutes Zeichen: Bei einem Nein könnten die Währungshüter schon am Montag die Reißleine ziehen.
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