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Leben retten am Wunsch-Strand

SCHWIMMEN Im Sommer sind an Nord- und Ostsee DLRG-Retter aus dem ganzen Land im Einsatz. Die Ausbildung können schon Zehnjährige beginnen. Wasserrettung gibt es auch als Sport

DLRG-Lebens retter wachen über die Strände von Borkum bis Rügen. Es gibt zehn Euro Taschengeld, freie Kost und Logis  Foto: dpa

von Kristof Botka

Gestählte Körper im roten Badedress, die sich in Zeitlupe und in die Fluten werfen. Wer kennt nicht die Bilder aus der TV-Serie „Baywatch“. Ganz so abenteuerlich geht es bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) leider nicht zu. Doch mit seinen bundesweit 1,3 Millionen Mitgliedern ist er der größte deutsche Verein für Wasserrettung und auch der mit Abstand präsenteste. An fast jedem Strand quer durch die Republik sind seine Mitglieder im Einsatz, bei Wassersport-Events sorgt er für die Sicherheit der Beteiligten. Wie aber wird man Teil der Rettungs-Gesellschaft? In welchen Bereichen kann sich ein Interessierter einsetzen und welche Voraussetzung braucht man dafür?

„Im DLRG kann grundsätzlich jeder mitmachen“, sagt Heiko Mählmann. Er ist Präsident des Hamburger Landesverbandes. „Wir finden für jeden eine Aufgabe und schließen keinen aus“, sagt er. „Selbst mit großen körperlichen Einschränkungen kann man sich noch einbringen.“ Die Aufgaben und Zielgruppen des Vereins sind vielfältig.

Bereits im Kindergartenalter kann man mit dem DLRG in Berührung kommen. Der Verband leistet Präventionsarbeit. In Kursen werden Kinder spielerisch an das Wasser, den Spaß, den man in ihm haben kann und die Gefahren, die dabei lauern, herangeführt.

Erst kommt das Seepferdchen

Baderegellied und Kasperletheater sind hier die Stichworte.

Mit fünf Jahren sind dann die ersten Schwimmkurse an der Reihe. Zahlreiche Abzeichen gibt es für die Kinder zu ergattern, das altbekannte „Seepferdchen“ ist dabei noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Deshalb ist der DLRG laut Mählmann neben seiner Wasserrettungstätigkeiten auch gleichzeitig der größte Anbieter für Schwimmkurse.

Für ihn sei dieser Teil der Vereinsarbeit besonders wichtig. Er beobachte seit Jahren, wie immer weniger Kinder das Schwimmen erlernen, bevor sie in den Schwimmunterricht gehen. Hier versucht sich der Verein auch politisch einzubringen. „Manche Kinder haben davor noch nie ein Bad von innen gesehen“, meint er. Die Gründe liegen auf der Hand: „Gerade in sozial schwächeren Gebieten können sich viele Eltern den Schwimmbad-Besuch wegen der hohen Preise nicht mehr leisten.“

Umso wichtiger, dass interessierte Kinder beim DLRG ab dem zehnten Lebensjahr an das Rettungsschwimmen herangeführt werden. Zunächst spielerisch, dann mit zwölf Jahren können sie die ersten Prüfungen ablegen. Nach dem Erreichen des goldenen Rettungsschwimmer-Abzeichens sind sie schließlich bereit für den Einsatz. Ab dann geht es für sie an den Strand, auf Badeseen oder zu Sporterei gnissen. Dabei ist das Rettungsschwimmen nicht die einzige Disziplin, in der sich die jungen Retter beweisen können.

Daneben gibt es weitere Fachbereiche der Wasserrettung. Der „Bootsdienst“ bedient die im Einsatz jeweils benötigten Motorboote, die „Techniker“ werden im Auspumpen und Heben gekenterter oder gesunkener Boote geschult. Außerdem ist besonders in Hamburg das Tauchen eine Herausforderung.

Strömungsretter sind die Elite

Wenn die Taucher auf der Alster oder in Kanälen im Einsatz sind, operieren sie im trüben Wasser quasi blind. Sie müssen daher eine vergleichsweise lange Ausbildung durchlaufen. Als Eliteeinheit der Wasserrettung bezeichnet Mählmann allerdings noch einen anderen Fachbereich. Seit sich der DLRG bei den Rettungsmaßnahmen im Zuge des Elbhochwassers vor zwei Jahren sehr schwer tat, hat sich eine neue Truppe formiert: Die Strömungsretter. Sie seilen sich beispielsweise von Brücken in stark strömende Gewässer ab und sind speziell für die Rettung unter diesen Bedingungen geschult. Dafür müssen sie physisch extrem leistungsfähig sein und viel trainieren, weshalb auch nicht jeder diese Aufgabe übernehmen kann.

Jeder Rettungsschwimmer kann sich dagegen für den Sommereinsatz an den deutschen Küsten bewerben. Entgegen der üblichen Zuständigkeit durch die Ortsgruppen, sind an Nord- und Ostsee Retter aus ganz Deutschland im Einsatz. Denn die Ortsgruppen haben nicht die Kapazitäten, um die Sicherheit auf den unzähligen Stränden zwischen Borkum und Rügen zu gewährleisten.

Wer seinen Sommerurlaub für den freiwilligen Dienst opfern möchte, kann sich an der Bundeszentrale des Vereins bewerben und darauf hoffen, an seinem Wunschstrand eingesetzt zu werden. Zehn Euro Taschengeld pro Tag und eine kostenlose Unterbringung gibt es dafür, mehr nicht. Der Verein baut auf ehrenamtliches Engagement, nicht nur im Einsatz. Auch die Verwaltung und Vorstandsämter werden fast ausschließlich ehrenamtlich geführt.

„Viele Eltern können sich den Schwimmbad-Besuch nicht mehr leisten“

Heiko Mählmann, DLRG

Für den DLRG ergibt sich in Norddeutschland durch die Containerschifffahrt eine weitere Herausforderung. „Auf der Elbe sind wir oft eine Art ADAC auf dem Wasser“, sagt Mählmann. Wenn hier kleine Segel- oder Motorboote kentern, müssen sie so schnell wie möglich abgeschleppt werden. Einem Containerschiff im Weg zu liegen bedeutet für jedes Boot und seine Besatzung den sicheren Tod. Der Anhalteweg großer Frachter ist kilometerlang, spontanes Abbremsen unmöglich.

Wettrennen im Sand

Für die jedoch, denen der aktive Rettungseinsatz fremd oder der Sommerurlaub zu wichtig ist, bietet der DLRG einen ganz anderen Tätigkeitsbereich an: den Rettungssport. Von Kindern bis hin zu Erwachsenen im Rentenalter können sich hier Sportbegeisterte in Wettkämpfen messen. Der Sport beinhaltet verschiedenste Disziplinen, die jeweils eigene Rettungssituationen simulieren und zum Teil in Schwimmhallen und zum Teil in offenen Gewässern ausgetragen werden.

Das Bergen von Gegenständen vom Beckenboden, das Durchtauchen von Hindernisparcours oder das Abschleppen von zu rettenden Puppen sind nur einige der Disziplinen, die die Sportler im Wasser bewältigen. Dazu werden auch Wettkämpfe im Freien ausgetragen, sowohl auf als auch am Wasser. Paddelrennen zum Beispiel, bei deren Ziel es ist, den Ertrinkenden schnellstmöglich im Boot zu erreichen. Zudem gibt es auch Laufwettbewerbe im Sand, deren Teilnehmer zu zweit im direkten Duell um die Wette sprinten. Der DLRG stellt in dieser Sportart sogar die Nationalmannschaft, die zu internationalen Wettkämpfen bis hin zu Weltmeisterschaften reist.

Die jüngsten Rettungssportler sind laut Heiko Mählmann zehn Jahre alt, die ältesten Wettkämpfer um die 70. Gemütlichere Semester, die mit Wettkämpfen nichts mehr am Hut haben wollen, finden dagegen in Schwimmgruppen ihr Zuhause, die sich auf ruhige Art dem nassen Element widmen. Diesem Element, dem Wasser, hat sich der DLRG verschrieben.

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