: Abschließen und Schlüssel weg
Kommentar
von Stefan Alberti
Senat will 200 Millionen in ICC-Sanierung stecken
Man könne doch beim ICC nicht einfach den Schlüssel umdrehen und dann wegwerfen! Das gehe doch nicht! Meinen unisono zumindest der Regierende Bürgermeister Michael Müller, sein Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel und auch Menschen außerhalb der SPD. Weil man doch Eigentümer sei. Und das Kongresszentrum, gut sichtbar von Stadtautobahn und S-Bahn, für Berlin doch ein prägender Bau.
Mit Blick auf Straßen, Schulen, Turnhallen und manch anderes in öffentlichem Besitz, wo der Senat zu wenig tut, zielt Geisels Verweis auf den Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ aber nicht. Vor allem, weil es dort keine Alternative gibt und der Staat selbst investieren muss, während im Kongressgeschäft inzwischen Privatunternehmen auch große Flächen anbieten können.
Die Hülle kann bleiben
Und was den, wie es so schön heißt, stadtbildprägenden Charakter angeht: Niemand will dem West-Berliner an sich und sonstigen ICC-Freunden wie dem Lichtenberger Geisel die Raumschiff-Silhouette nehmen. Ein Abriss würde ebenfalls Hunderte Millionen Euro kosten und die Autobahn lahm legen. Er ist ja auch gar nicht nötig: Das Gebäude eignet sich gerade wegen seiner Lage für Kunst am Bau. Mit Rasen bepflanzt wäre es das grüne Raumschiff, noch weniger Aufwand und Kosten brächte eine wechselnde nächtliche Beleuchtung mit sich.
Statt 200 (und wahrscheinlich noch viel mehr) Millionen Euro in einen Bau zu stecken, dessen Kongressfläche auch andere anbieten, ist abschließen und Schlüssel weg in einem 60-Milliarden-Schulden-Land die einzig richtige Variante. Es braucht bloß einen pragmatischen Politiker, der sich das trotz Wahl 2016 zu sagen traut.
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