Jugendzentrum feiert Jubiläum: Klammer Mittelpunkt

Die Friese begeht zehn Jahre Konkursfähigkeit: Das Freizeitheim ist ein Herz des Viertel-Lebens, autonom und unterfinanziert.

Die Band Kiss spielt auf einer Bühne

Gehören nicht zu den Bands, die täglich in der Friese proben: Kiss. Foto: dpa

BREMEN taz | Die Ankündigung klingt galgenhumorig: „Das ehemalige städtische Jugendfreizeitheim Steintor in der Friesenstraße feiert das 10-jährige Jubiläum der Erlangung der Konkursfähigkeit“, heißt es auf der Internetseite des Vereins “Die Friese e. V.“, der sich bereits 2003 gründete und sich 2004 um die Trägerschaft beworben hatte. Durchgesetzt hatte sich der Verein damals gegen drei Mitbewerber, darunter der Sportgarten e. V. und das Deutsche Rote Kreuz.

„Dass wir zehn Jahre später immer noch da sind, hat uns wahrscheinlich niemand zugetraut“, sagt ein Vereinsmitglied bei der monatlichen Sitzung des Hausrats vergangenen Montag.

Bevor der Verein „Die Friese“ das Haus übernahm, hatte es jahrelang Querelen gegeben, die 2002 in der Besetzung des Gebäudes gipfelten: Der Streit drehte sich um die Besetzung einer Sozialarbeiterstelle, zeitweise gab es gar keinen Sozialarbeiter im Haus. Der Betrieb lief dennoch, dank des Vereins, der auch heute noch die Verwaltung weitgehend ehrenamtlich versieht.

Die Überführung städtischer Freizeitheime in freie Trägerschaft sollte der Stadt Geld sparen. Zwar erhält die Friese nach wie vor ein festes jährliches Budget, das ist allerdings fast 30 Prozent niedriger als zu den Zeiten vor der Selbstverwaltung. Aus damals drei vollen wurden zwei halbe und eine Honorarstelle.

Der Rest muss ehrenamtlich erledigt werden - von der Verwaltung bis zum Konzertbetrieb. Michael Quast, besser bekannt als Quaddel, weist darauf hin, dass das Budget zwar scheinbar konstant blieb, aber durch Inflation und steigende Energiekosten in Wirklichkeit geschrumpft ist.

Trotzdem stemmen Verein und HausnutzerInnen rund 50 Veranstaltungen jährlich, Konzerte mit Bands aus buchstäblich aller Welt - auch Pertti Kurikan Nimipäivät, Finnlands Beitrag zum diesjährigen „Eurovision Song Contest“ waren hier schon zu Gast.

Vor allem aber ist das Haus nach wie vor ein Ort der Jugendarbeit und Treffpunkt für unterschiedlichste Gruppen: Verteilt auf die sieben Tage der Woche proben hier 25 Bands, Dienstag bis Donnerstag von 16 bis 21 Uhr ist das Haus für Jugendliche geöffnet, ab 18 Uhr wird vegetarisch oder vegan gekocht. Außerdem hat sich die Selbsthilfewerkstatt „Freischrauber“ in der Friese angesiedelt, wo jede und jeder das eigene Fahrrad reparieren, Rat und Material einholen kann.

Der Elternverein „Es geht los“ organisiert hier Freizeitaktivitäten für junge Menschen mit Beeinträchtigung, ein „Medienpool“ bietet Computerarbeitsplätze - beispielsweise um elektronische Musik zu produzieren und Videos zu schneiden.

Mehrere Gruppen aus der Friese sind auch an der Jubiläumsfeier beteiligt. Gestern traten Bands aus den hauseigenen Proberäumen neben der Bielefelder Hardcore-Band Souls For Sale auf, heute gibt es ab 16 Uhr Kaffee und Kuchen, Workshops und eine offene Fahrradwerkstatt, am Abend wird mit verschiedenen DJs und Karaoke weitergefeiert.

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