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ArbeitsweltBetriebsklima auf dem Gefrierpunkt

Die Tarifverhandlungen bei Frosta in Bremerhaven sind gescheitert: Das Unternehmen will vom guten Ergebnis kaum etwas weitergeben.

Warme Worte, aber kein Geldsegen für die Arbeiterinnen am Band: Produktion bei Frosta. Foto: dpa

Bremerhaven taz | Nach drei gescheiterten Verhandlungsrunden folgte am gestrigen Mittwoch der Warnstreik am Hauptsitz des Tiefkühlkost-Herstellers Frosta im Bremerhavener Fischereihafen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert für die über 700 Beschäftigten eine Entgelterhöhung um 6,6 Prozent; Frosta hingegen bietet 2,5 Prozent und eine jährliche Sonderzahlung von 300 Euro unter Bedingungen, die für die NGG „unrealistisch“ sind.

„Die Mitarbeiter sind ernsthaft sauer“, sagt NGG-Sekretär Mike Venema - und dazu haben sie allen Grund: Im vergangenen Jahr hat Frosta mit 17,3 Millionen Euro und einer Gewinnsteigerung von 44 Prozent das beste Geschäftsergebnis seit Bestehen der Firma erzielt. AnlegerInnen konnten eine Dividende von 1,36 Euro pro Aktie einstreichen.

„Und Frosta hat verlauten lassen, dass im ersten Quartal 2015 nochmal eine Umsatzsteigerung von sieben Prozent erreicht wurde - angesichts dessen ist unsere Forderung bescheiden“, sagt Venema. Das Angebot einer jährlichen Sonderzahlung von 300 Euro ist für ihn keins: „Die Beschäftigten sollen dieses Geld nur bekommen, wenn Frosta einen Gewinn von 17 Millionen Euro oder mehr verbucht - da wird der Rekordgewinn vom letzten Jahr als Maßstab genommen.“

Das gute Geschäftsjahr ist für Venema auch Resultat des hohen Engagements der Beschäftigten: „Die haben Samstagsschichten und Überstunden ohne Ende gekloppt.“ Und dafür sei der Belegschaft auch Dank ausgesprochen worden: „Lauter warme Worte wurden den Kollegen gesagt, das Jahresergebnis sei ihr Verdienst und all sowas - momentan fühlen sich die Leute aber alles andere als wertgeschätzt.“

Es ist nicht der erste Warnstreik bei Frosta: „Alle paar Jahre wieder scheint das Unternehmen testen zu wollen, wie weit es gehen kann“, sagt Dieter Nickel, Geschäftsführer des NGG-Regionalverbandes Bremen-Weser-Elbe. Vor gut zehn Jahren sei es aus dem Flächentarifvertrag der Fischindustrie ausgeschieden. „Aber bisher hats der Firma nichts genutzt“, sagt Nickel. „Die Beschäftigten verdienen immer noch auf dem Niveau des Flächentarifs.“

Tarifauseinandersetzungen passen nicht so recht ins Image des Unternehmens, das sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hat und seinen Anspruch an Verbraucher- und Umweltschutz hochhält: Der Lebensmittelproduzent deklariert alle Zutaten seiner Produkte, verwendet Fisch aus nachhaltiger Fischerei mit MSC-Siegel und verzichtet auf Zusatzstoffe in den Tiefkühlgerichten.

Frosta hat seinen CO2-Ausstoß von 2011 bis 2013 um 5,6 Prozent reduziert und will bis 2017 weitere fünf Prozent weniger erreichen mit dem Ziel, den CO2-Ausstoß insgesamt um 70 Prozent zu senken. Das Engagement - oder dessen gute Vermarktung - zahlt sich aus: Obwohl die Produkte teurer sind als die von Konkurrenz-Unternehmen wie Iglo, werden sie verkauft wie geschnitten Brot.

Am Geschäftserfolg habe man die Beschäftigten durchaus teilhaben lassen, sagt Frosta-Finanzvorstand Stephan Hinrichs: „Es gab für jeden Angestellten eine Sonderzahlung in Höhe von 500 Euro.“ Außerdem mache das Angebot einer Entgelterhöhung zusammen mit den versprochenen Sonderzahlungen im Endeffekt rund drei Prozent Lohnerhöhung aus. „Das ist in der heutigen Zeit sehr viel“, findet Hinrichs.

Die Forderung der NGG sei am Markt nicht umsetzbar. Schließlich müsse die Firma ihre Produkte erschwinglich halten. Hinrichs wundert sich über den Warnstreik: „Wir sind immer lösungsorientiert und haben uns eigentlich in jeder Verhandlungsrunde weiter angenähert.“

Am Montag wird es eine vierte Runde geben. „Wenn auch die scheitert, kann sich die Aktionärsversammlung am 19. Juni in der Stadthalle Bremerhaven schon auf ein paar schöne Aktionen von uns freuen“, sagt Mike Venema. Sollte sich das Unternehmen auch davon nicht beeindrucken lassen, dann werde im Fischereihafen gestreikt.

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